Die Ereignisse dieser Woche zeigen: Die Lage in Eu-ropa ist ernst, die Probleme sind längst nicht überwunden. Es darf daher kein Nachlassen in den Bemühungen zur Sicherung der Währungsunion und zur Stärkung der Wachstumskräfte in Europa geben. Es ist daher richtig, dass Deutschland in dieser Woche die Beratungen über den Fiskalpakt und den Eu-ropäischen Stabilisierungsmechanismus mit großer Mehrheit zum Abschluss bringt. Das ist ein gutes Signal in und für Europa.

Aber machen wir uns nichts vor: Die deutsche Wirtschaft zeigt sich vor dem Hintergrund der Krise im Euroraum zwar bemerkenswert stabil, aber die wirtschaftliche Grunddynamik hat sich verlangsamt – auch aufgrund von Entwicklungen in den Vereinigten Staaten und China sowie wegen insgesamt wachsender Skepsis. Die Binnennachfrage in Deutschland läuft weiter gut, aber es gibt erste Anzeichen für eine Abkühlung der Konjunktur. Es kommt daher jetzt darauf an, weiter konsequent zu handeln und nötige Strukturreformen umzusetzen. Nur dann sind wir auch in Zukunft gut gewappnet. Die Rückschau zeigt die Richtigkeit unseres Weges:
Drei Jahre christlich-liberaler Koalition haben unserem Land gut getan. Deutschland hat seinen wachstumsorientierten Stabilitätskurs gehalten und steht nach der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise besser da als die meisten anderen Staaten. Den Menschen in Deutschland geht es gut. Sicher: Probleme dürfen nicht verschwiegen, sie sollten aber auch nicht überzeichnet werden. Wir sind uns sicher: Es kommt in diesen unsicheren Zeiten auf die richtigen Lösungen und auf eindeutige Antworten an. Wir stellen uns der Herausforderung und handeln, wo andere nur reden. Zahlen und Fakten zeigen, dass wir unser Land in die richtige Richtung führen:
Nach dem Einbruch der Wirtschaft um 5,1 Prozent im Jahr 2009 sind die Wachstumsraten 2010 auf 3,7 Prozent und 2011 auf 3,0 Prozent emporgeschnellt. Die Wirtschaftsleistung Deutschlands ist mit einem Wert von 2.570 Mrd. Euro so stark wie nie zuvor. Und dieser Aufschwung kommt bei den Menschen an: Über spürbare Lohn- und Tarifsteigerungen auf der einen und immer mehr sozialversicherungspflichtige Jobs auf der anderen Seite. Niemals zuvor gab es so viele Arbeitsplätze in Deutschland. Die Arbeitslosigkeit ist mit rund drei Millionen auf den tiefsten Stand seit der Wiedervereinigung gefallen. Besonders Langzeitarbeitslose profitieren von dem Aufschwung. Und viele Staaten in Europa bestaunen die niedrige Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland.
Unser Kurs, den Bundeshaushalt zu konsolidieren und gleichzeitig das Wachstum zu stärken, hat sich in den vergangenen drei Jahren als Erfolg erwiesen. Deutschland hat inzwischen beste Chancen auf einen ausgeglichenen Haushalt schon 2014. Und statt über immer neue Finanzlöcher stopfen zu müssen, können wir über Überschüsse in den Sozialversicherungen reden. Die Stabilisierung der umlagefinanzierten Sozialsysteme in Deutschland hat also Wirkung entfaltet. Damit Deutschland weiter im Wohlstand leben kann, steigert die christlich-liberale Koalition die Investitionen des Bundes in Bildung und Forschung – bis zum Jahr 2013 um 12 Mrd. Euro. Mit dem Hochschulpakt II schafft sie bis 2015 zudem 315.000 zusätzliche Studienplätze und gibt den Forschungsinstituten mehr Spielraum bei der Verwendung staatlicher Gelder.
Wir stehen für eine moderne Politik: Mit dem Positionspapier zum „Urheberrecht in der digitalen Gesellschaft“ treibt die Unionsfraktion die Modernisierung des rechtlichen Rahmens leidenschaftlich und in enger Abstimmung mit Urhebern und Kulturschaffenden voran.

Deutschland setzt starkes Zeichen für Europa. Wie von unserer Fraktion im-mer angestrebt, verabschieden Bundestag und Bundesrat den Fiskalvertrag und den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) als Gesamtpaket und vor der Sommerpause. Wir entscheiden unmittelbar nach dem Europäischen Rat (ER) vom 28. / 29. Juni 2012, in dessen Mittelpunkt eine Wachstumsstrategie für Europa steht. Das Signal Deutschlands an Europa lautet: Wir sind zu europäischer Verantwortung bereit und sorgen uns um die Realwirtschaft in einigen Mitgliedstaaten. Aber Solidarität ist keine Einbahnstraße – wer Finanzhilfen will, muss seine öffentlichen Haushalte konsolidieren, Strukturreformen durchführen und Wachstum ermöglichen.
Die Zukunft des Euro ist zu wichtig für parteitaktische Spielchen. Dennoch hat die Opposition politisches Kapital daraus zu schlagen versucht, dass im Deut-schen Bundestag eine Zweidrittelmehrheit sowohl für den Fiskalvertrag als auch für den ESM angezeigt ist. In den Verhandlungen konnten wir SPD und Grünen klar aufzeigen, dass wir von Beginn an für wirksame europäische Wachstumspolitik und eine Finanzmarkttransaktionssteuer eingetreten sind. Es entspricht unserer Linie, dass das angestrebte 130-Milliarden-Euro-Wachstumspaket nicht über neue Schulden finanziert wird. Inhaltlich trägt die Vereinbarung unsere Handschrift, die Opposition feiert lediglich gefühlte Siege.
Den Ländern konnten wir ebenfalls erfolgreich die Sorge nehmen, dass der be-reits 2014 wirksam werdende europäische Fiskalpakt sie stärker in Anspruch nimmt als die auf Länderebene erst 2020 greifende deutsche Schuldenbremse: Der Bund haftet bis 2019 für etwaige europäische Sanktionszahlungen. Zwecks Dämpfung von Kapitalmarktkosten hat die Bundesregierung sich überdies zu testweisen Bund-Länder-Anleihen im sogenannten Huckepackverfahren bereit erklärt, wobei eine gesamtschuldnerische Haftung auszuschließen ist. Für die nächste Wahlperiode hat die Bundesregierung zugesagt, zur kommunalen Entlastung die bisherige Eingliederungshilfe durch ein neues Bundesleistungsgesetz zu ersetzen.

Ebenfalls in dieser Woche beschließen wir das Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz. 500.000 Menschen mit Demenzerkrankung erhalten erstmals Leistun-gen der Pflegeversicherung. Damit die Pflege zu Hause weiter Vorrang vor der Pflege im Heim hat, setzen wir einen Schwerpunkt bei den pflegenden Angehörigen und ihren Familien. Die Pflegebedürftigen lassen sich lieber in vertrauter Umgebung und von vertrauten Menschen pflegen. Das ist ein Stück Menschlichkeit in unserer Gesellschaft. Wir verfolgen den Grundsatz „ambulant vor stationär“ seit Einführung der Sozialen Pflegeversicherung Mitte der 90er Jahre. Jetzt ermöglichen wir pflegenden Angehörigen erstmals Auszeiten. Wer mehrere Pflegebedürftige pflegt, darf bei der Rente nicht schlechter gestellt werden. Auch das wird künftig berücksichtigt. Wir erweitern das Leistungsangebot der ambulanten Pflegedienste um häusliche Betreuungsleistungen.
Pflegebedürftige und Pflegekräfte werden künftig mitreden, auch bei der Bewertung und Einstufung der Pflege. Pflegebedürftige entscheiden künftig selbstbestimmt, was für sie beste Hilfe und Pflege ist. Wir schaffen mehr Flexibilität, um von einem starren Minutenkorsett in der Pflege wegzukommen. Der Grundsatz „Wiederherstellung vor Pflege“ wird nachhaltig umgesetzt. Neue Wohnformen entstehen. Versicherte werden nicht alleingelassen, sondern frühzeitig beraten – mit verbesserter Rechtssicherheit. In Pflegeheimen wird die ärztliche und zahnärztliche Versorgung auf eine neue, sichere Grundlage gestellt. Die mit der Beitragssatzerhöhung ab 2013 erzielten Mehreinnahmen in Höhe von 1,1 Mrd. Euro sind gut angelegt. Sie werden nicht mit der Gießkanne verteilt, sondern dort eingesetzt, wo das Geld am dringendsten gebraucht wird: bei den pflegenden Angehörigen und ihren Familien.

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