Maßnahmenpaket zur Steuervereinfachung

Die christlich-liberale Koalition hält Wort. Der Steuerdschungel wird gelichtet. Die Steuererklärung kann künftig einfacher, schneller und auch papierloser erledigt werden. Mit den rund 40 Maßnahmen befreien wir zielgenau vor allem diejenigen Steuerzahler von unnötiger Steuerbürokratie, die ihre Steuererklärung noch regelmäßig selbst ausfüllen. Das damit verbundene steuerliche Entlastungsvolumen von jährlich 590 Mio. Euro kommt Arbeitnehmern und Familien mit Kindern zugute. Hinzu kommt eine spürbare Reduzierung von Bürokratiekosten. Allein die Unternehmen werden so um 4 Mrd. Euro pro Jahr an Bürokratieaufwand entlastet. Das Maßnahmepaket zur Steuervereinfachung zeigt eindrucksvoll, dass eine spürbare Steuervereinfachung auch in Zeiten knapper Kassen möglich ist. Die Union wird dafür Sorge tragen, dass die vereinbarten Maßnahmen nun auch zügig umgesetzt werden.

Es ist das erklärte Ziel der Koalitionspartner in dieser Legislaturperiode, das Steuerrecht spür-bar zu vereinfachen und zugleich das Besteuerungsverfahren weiter zu modernisieren und von unnötiger Bürokratie zu befreien.

Die vom Bundesminister der Finanzen im Einvernehmen mit den Finanzpolitikern der Koalition für den heutigen Koalitionsausschuss vorgelegten Vorschläge tragen dieser Zielsetzung Rechnung. Erklärungs- und Prüfungsaufwand im Einkommensteuerrecht werden reduziert, die Vorhersehbarkeit, Handhabbarkeit und Planungssicherheit im Besteuerungsverfahren er-höht und wichtige Prozesse zwischen Steuerpflichtigem und Verwaltung weniger aufwändig gestaltet.

Die gesetzlichen Neuregelungen wirken dabei im Verbund mit ebenso wichtigen untergesetzlichen Maßnahmen. Die Straffung von Anspruchsvoraussetzungen bei steuerlich relevanten Sachverhalten und die Reduzierung von Dokumentationsaufwand werden ergänzt durch verstärkten Einsatz moderner Informationstechnik.

Die finanziellen Auswirkungen sind mit Blick auf die Situation der öffentlichen Haushalte auf ein zu verkraftendes Maß begrenzt. Dennoch werden die vorgelegten Vereinfachungsmaß-nahmen die Gesamtbelastung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, von Familien mit Kindern und von Unternehmen deutlich senken. Allein die Unternehmen in Deutschland wer-den durch die Maßnahmen um 4 Mrd. Euro pro Jahr an Bürokratieaufwand entlastet. Die Kostenersparnis für die Unternehmen und die Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger sind da-mit weitaus höher als die direkte Steuerersparnis.

Der Koalitionsausschuss bittet den Bundesminister der Finanzen daher die folgenden Maßnahmen für eine Umsetzung vorzusehen:

I. Gesetzliche Neuregelungen

A. Finanzwirksame Maßnahmen

  1. Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags: Durch die Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags von derzeit 920 Euro auf 1.000 Euro wird das Erfordernis eines Einzelnachweises von Werbungskosten in noch größerem Umfang entbehrlich als bisher. Bei rund 22 Mio. Arbeitnehmerveranlagungen insgesamt bewirkt eine Reduzierung des Belegerfordernisses daher einen Beitrag zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens. Die Maßnahme ist mit Steuermindereinnahmen von 330 Mio. Euro verbunden.
  2. Kosten für die Kinderbetreuung: Kinderbetreuungskosten werden heute in Anhängigkeit davon, ob sie durch die Berufstätigkeit bedingt oder privat veranlasst sind, unterschiedlich steuerlich berücksichtigt. Dies ist für alle Beteiligten nur schwer handhabbar. Daher soll auf diese Unterscheidung künftig verzichtet werden. Gleichzeitig wird der Erklärungsaufwand bei der Anlage Kind durch Wegfall einer Seite des Erklärungsvordrucks reduziert. Durch den Wegfall der persönlichen Anspruchsvoraussetzungen können insgesamt mehr Menschen von dem Steuervorteil profitieren. Die Steuermindereinnahmen belaufen sich auf 60 Mio. Euro.
  3. Kindergeld/ Freibeträge für volljährige Kinder: Die Gewährung von Kindergeld und -freibeträgen bei volljährigen Kindern u. a. in Schul- oder Berufsausbildung gestaltet sich im geltenden Recht aufwändig. Eltern müssen sowohl im Rahmen des Kindergeldantrags gegenüber den Familienkassen als auch im Rahmen der Einkommensteuererklärung gegenüber dem Finanzamt die Einkünfte und Bezüge ihrer Kinder detailliert ermitteln und erklären. Zu berücksichtigende steuerliche Abzugsbeträge verursachen einen teilweise hohen Berechnungsaufwand um erkennen zu können, ob überhaupt Anspruch auf Kindergeld/ Kinderfreibeträge besteht. Daher soll zukünftig auf die Einkommensüberprüfung bei volljährigen Kindern verzichtet und somit das Besteuerungsverfahren verein-facht werden. Die Steuermindereinnahmen belaufen sich auf 200 Mio. Euro.

B. Aufkommensneutrale bzw. nahezu aufkommensneutrale Maßnahmen
  1. Entfernungspauschale: Nutzt der Steuerpflichtige für den Arbeitsweg abwechselnd öffentliche Verkehrsmittel und Pkw, sind heute umfangreiche Aufzeichnungen, Ermittlungen und Berechnungen erforderlich, um die zutreffende Höhe der Werbungskosten zu ermitteln. Durch Umstellung der heute notwendigen tageweisen auf eine jährliche Vergleichsrechnung entfällt für den Betroffenen die Notwendigkeit, entsprechende Aufzeichnungen zu führen und im Erklärungsvordruck darzulegen.
  2. Reduzierung der Veranlagungsarten für Eheleute: Derzeit bestehen insgesamt sieben Veranlagungs- und Tarifvarianten für Eheleute. Die Neuordnung des Veranlagungswahlrechts - mit der die Veranlagungs- und Tarifvarianten auf vier zurückgeführt werden - vereinfacht das Besteuerungsverfahren in der Verwaltungspraxis deutlich und macht die Vorschrift für den Rechtsanwender handhabbarer und verständlicher.
  3. Keine Pflichtveranlagung von Arbeitnehmern mit geringem Arbeitslohn: Vorgesehen ist, Arbeitnehmer mit geringem Jahresarbeitslohn von der Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung allein wegen einer beim Lohnsteuerabzug berücksichtigten zu hohen Mindestvorsorgepauschale für die Kranken- und Pflegeversicherung zu befreien. Dies entlastet Arbeitnehmer und Verwaltung gleichermaßen von unnötigem steuerbürokratischem Aufwand.
  4. Verzicht auf die Einbeziehung von Kapitaleinkünften bei Spendenabzug und außer-gewöhnlichen Belastungen: Kapitalerträge müssen nach Einführung der Abgeltungsteuer grundsätzlich nicht mehr in der Steuererklärung angegeben werden. Ausnahmen bestehen u.a. dann, wenn außergewöhnliche Belastungen oder Spenden beim Finanzamt geltend gemacht werden. Dann muss der Antragsteller seine Kapitalerträge allein für diese Zwecke trotz der bereits erfolgten abgeltenden Besteuerung ermitteln, zusammenstellen und dem Finanzamt gegenüber erklären. Der Verzicht auf diese Erklärungspflicht unterstreicht die bürokratiereduzierende Wirkung der Abgeltungsteuer.
  5. Stipendien: Stipendien sind steuerfrei, wenn sie unmittelbar aus öffentlichen Mitteln geleistet werden. Dies soll künftig auch für lediglich mittelbar aus öffentlichen Mitteln geleistete Zahlungen gelten. Der begünstigte Personenkreis wird z. B. auf Empfänger indirekter Zahlungen aus EU-Förderprogrammen erweitert, die Verwaltungspraxis vereinfacht.
  6. Erstattungsüberschüsse bei Sonderausgaben: Wird beispielsweise Kirchensteuer für zurückliegende Jahre erstattet, ist bei höheren Erstattungsbeträgen ggf. eine Wiederaufrollung alter Steuerfestsetzungen erforderlich. Zur Verwaltungsvereinfachung soll darauf künftig verzichtet werden. In diesen Fällen erfolgt künftig eine Hinzurechung im Jahr der Erstattung.
  7. Grenzen bei verbilligter Vermietung: Bei verbilligter Vermietung einer Wohnung sind steuerrechtlich prozentuale Grenzen zu beachten. Zur Steuervereinfachung ist vorgesehen, den maßgeblichen Prozentsatz auf 66 % (bzw. 2/3 der ortsüblichen Miete) zu vereinheitlichen. Wird mehr als 66 % der ortsüblichen Miete gezahlt, gilt die Vermietung als vollentgeltlich und ermöglicht den vollen Werbungskostenabzug. Auf die heute vom Steuerpflichtigen aufwändig zu erstellende Totalüberschussprognose wird verzichtet.
  8. Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens in der Forstwirtschaft: Die Besteuerung der Gewinne aus Forstwirtschaft bei außerordentlichen Holznutzungen wird auf eine neue Grundlage gestellt. Durch den Wegfall des Nutzungssatzes als zwingende Voraussetzung für die Abgrenzung der einzelnen Holznutzungen ist die Erstellung eines „Gut-achtens“ nicht mehr zwingend. Da zukünftig auf umfangreiche Sonderrechnungen verzichtet werden kann, vereinfacht sich auch die Anlage Forstwirtschaft zur Steuererklärung.
  9. Gebührenpflicht für die verbindliche Auskunft nur für wesentliche und aufwändige Fälle: Durch die Neuregelung soll die Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte wie im Koalitionsvertrag vorgesehen auf wesentliche und aufwändige Fälle beschränkt werden. Dazu ist eine Bagatellgrenze in Höhe von 10.000 Euro gemessen an der Höhe des Gegenstandswerts vorgesehen. Somit entfällt die Kostenbelastung in Fällen kleinerer Investitionen, wenn der Steuerpflichtige im Vorfeld seiner Investitionsentscheidung in steuerlichen Fragen Planungssicherheit erlangen möchte.
  10. Verbesserte Behandlung von Betriebsaufgabe, -verpachtung, -unterbrechung: Nach geltendem Recht kann es insbesondere in den Fällen der Betriebsverpachtung zu aufwendigen Verwaltungsverfahren kommen, wenn der Steuerpflichtige keine eindeutige Aufgabeerklärung abgegeben hat. Zukünftig wird gesetzlich geregelt, dass der Betrieb bis zu einer ausdrücklichen Aufgabeerklärung als fortgeführt gilt, was den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht. Die Neuregelung trägt damit zu einer Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens und zu mehr Rechtssicherheit für den Steuerpflichtigen bei.
  11. Erleichterungen bei der elektronischen Rechnungsstellung: Durch die Neuregelung werden die heute hohen Anforderungen an eine elektronische Rechnung für die Belange der Umsatzsteuer reduziert. Um auch weiterhin eine effektive Umsatzsteuerkontrolle sicherstellen zu können, wird gleichzeitig die Möglichkeit geschaffen, auch elektronisch gespeicherte Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere, andere Urkunden und elektronisch übermittelte Rechnungen einsehen zu können.
  12. Elektronische Veräußerungsanzeige nach dem Grunderwerbsteuergesetz: Die neue gesetzliche Ermächtigungsgrundlage dient dazu, durch Rechtsverordnung eine elektronische Übermittlung von Veräußerungsanzeigen und Verträgen von Notaren bzw. Gerichten und/oder anderen Meldepflichtigen zu ermöglichen. Ziel ist es, mit Hilfe der elektronischen Übermittlung papiergebundene Verfahren zu ersetzten und somit zusätzlichen Erfassungsaufwand zu beseitigen.
  13. Erleichterung der elektronischen Kommunikation mit der Finanzverwaltung:Das BMF hat durch Rechtsverordnung insbesondere für bestimmte Steuererklärungen, die ohne gesetzliche Verpflichtung elektronisch übermittelt werden können, neben der qualifizierten elektronischen Signatur auch ein „anderes sicheres Verfahren“ zugelassen. Die Nutzung dieses Verfahrens ist bis zum 31. Dezember 2011 zeitlich befristet. Die zeitliche Befristung soll aufgehoben werden.
  14. Elektronische Abgabe der Erklärung zur Körperschaftsteuerzerlegung: Die heute erforderliche papiervordruckgebundene Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung zur Zerlegung der Körperschaftsteuer soll künftig in elektronischer Form erfolgen.
  15. Neues Feststellungsverfahren für betriebliches Vermögen bei der Erbschaftsteuer: Unter bestimmten Voraussetzungen wird Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer begünstigt. Die notwendigen Feststellungen trifft die Finanzverwaltung derzeit formlos. Durch Einführung eines neuen förmlichen Feststellungsverfahrens soll die Rechtssicherheit für alle Beteiligten erhöht werden.
  16. Gemeinsame Abgabe von Einkommensteuererklärungen von zwei Jahren: Nicht unternehmerisch tätige Bürger sollen künftig die Möglichkeit erhalten, ihre Einkommensteuererklärungen wahlweise nur noch alle zwei Jahre beim Finanzamt abzugeben. Durch die Ausübung dieses Wahlrechts können sie vermeiden, sich in jedem Jahr erneut - termingebunden - mit dem Einkommensteuerrecht auseinander setzen zu müssen und die Steuererklärung auszufüllen. Einen Nachteil erleiden sie dadurch nicht. Im Gegenteil wird es keine engen Fristen oder Formalien zur Ausübung des Wahlrechts geben. Ebenso wenig ist der Bürger an das einmal ausgeübte Wahlrecht gebunden. Er kann seine Wahl jederzeit durch Abgabe der jährlichen Einkommensteuererklärung rückgängig machen. Von dieser Regelung profitieren können typischerweise Arbeitnehmer, Bezieher von Alterseinkünften und Personen mit Einkünften aus Vermögensverwaltung im normalen Umfang. Es geht also um Steuerpflichtige mit über die Jahre im Wesentlichen gleich bleibenden oder dem Steuerabzug unterliegenden Einkünften. Bei ihnen sind die steuerrelevanten Verhältnisse überschaubar, sodass das Wahlrecht zur gemeinsamen Abgabe von Einkommensteuererklärungen mehrerer Jahre tatsächlich einen echten Vorteil bringen kann.
  17. Reduzierung der Anspruchsvoraussetzungen für die steuerliche Berücksichtigung von Spenden bei Naturkatastrophen: Für Spendenzahlungen in sog. Katastrophenfällen werden das vereinfachte Nachweisverfahren einfachgesetzlich festgeschrieben und die bisher im Verwaltungswege jeweils nur in Einzelfällen eröffneten Möglichkeiten des vereinfachten Zuwendungsnachweises erweitert.
  18. Frist für die Meldung von Auslandssachverhalten: Bestimmte Sachverhalte, wie beispielsweise die Gründung und der Erwerb von Betrieben und Betriebsstätten im Ausland, sind bisher innerhalb eines Monats nach dem Ereignis anzuzeigen. Zur Erleichterung für die betroffenen Steuerpflichtigen ist es künftig ausreichend, das Finanzamt innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, in dem das meldepflichtige Ereignis eintritt, zu unterrichten.
  19. Steuererklärungsfrist für Land- und Forstwirte: Für Land- und Forstwirte mit abweichendem Wirtschaftsjahr gilt heute eine besondere Steuererklärungsfrist von 3 Monaten. Mit dem Ziel einer Harmonisierung der Steuererklärungsfristen wird zukünftig auch für Land- und Forstwirte die Regelabgabefrist von fünf Monaten nach Ablauf des maßgeblichen Besteuerungszeitraums gelten.
  20. Anhebung der Bagatellgrenze für Anzeigen der Banken: Vermögensverwahrer und -verwalter können bis zu einer Bagatellgrenze von 5.000 Euro auf eine Anzeige der von ihnen für den Erblasser verwahrten bzw. verwalteten Vermögensgegenstände verzichten. Zur weiteren Reduzierung bürokratischen Aufwands wird die Grenze auf 10.000 Euro verdoppelt, sodass dann in vielen Fällen mit geringeren Guthabenständen eine Anzeige bei der Finanzverwaltung unterbleiben kann.

C. Rechtsbereinigungen bei Befreiungstatbeständen des § 3 Einkommensteuergesetz

  1. Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangene: Da die gesetzliche Grundlage für die Entschädigungszahlungen entfallen ist, existieren für eine Steuerbefreiung keine Anwendungsfälle mehr. Die Befreiungsvorschrift wird daher auf-gehoben.
  2. Zinsen aus Schuldbuchforderungen: In der Praxis existieren keine Anwendungsfälle für im Allgemeinen Kriegsfolgengesetz bezeichnete Zinsen aus Schuldbuchforderungen mehr. Die Befreiungsvorschrift wird daher aufgehoben.
  3. Ehrensold: Da die gesetzliche Grundlage für die Zahlung von Ehrensold entfallen ist, ist die Befreiungsvorschrift gegenstandslos geworden. Sie wird daher aufgehoben.
  4. Beiträge nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz: Der Unterhaltsbeitrag ist ebenso wie der Maßnahmebeitrag nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz nicht steuerbar. Die rein deklaratorische Befreiungsvorschrift ist daher entbehrlich und wird aufgehoben.
  5. Bergmannsprämien: Das Bergmannsprämiengesetz war letztmals für Zahlungen in 2007 anzuwenden; folglich existieren für eine Steuerbefreiung keine Anwendungsfälle mehr. Die Befreiungsvorschrift wird daher aufgehoben.
  6. Zuwendungen ehemaliger alliierter Besatzungssoldaten an ihre Ehefrauen: Die Steuerbefreiungsvorschrift hat infolge Zeitablaufs ihre Bedeutung verloren und wird da-her aufgehoben.

II. Weitere Vereinfachungsansätze ohne unmittelbaren gesetzgeberischen Handlungsbedarf

  1. Papierlose Kommunikation mit den Finanzämtern: Das Besteuerungsverfahren wird grundlegend modernisiert. Für möglichst alle Phasen im Besteuerungsprozess werden schrittweise IT-basierte Verfahren entwickelt und angeboten. Mit der papierlosen Kommunikation wird den Bürgern die elektronische Übermittlung der Einkommensteuererklärung sowie aller erforderlichen Belege ohne Medienbruch ermöglicht. Vorzugsweise werden Übermittlungsverfahren geschaffen, durch die alle steuerlich relevanten Informationen unmittelbar der Steuerverwaltung elektronisch zur Verfügung gestellt werden. Im Gegenzug sollen die Steuerbescheide der Finanzverwaltung auch rechtsverbindlich in elektronischer Form den Bürgern, Unternehmen bzw. ihren Beratern übermittelt werden, um auch dort wieder ohne zusätzlichen Erfassungsaufwand in die jeweilige Datenverarbeitung eingespeist werden zu können und so letztlich den Bescheid auf Papier zu ersetzen.
  2. Elektronische Lohnsteuerkarte: Durch Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte können Besteuerungsgrundlagen von der Finanzverwaltung künftig zentral und einheitlich in einer bundesweiten Datenbank verwaltet und automatisiert gepflegt werden. Der Arbeitgeber kann ab dem Jahr 2012 die elektronische Lohnsteuerkarte abrufen und so den jeweils aktuell zutreffenden Lohnsteuerabzug vornehmen. Durch die elektronisch zentral zur Verfügung stehenden Daten werden viele Vorgänge für die Wirtschaft und die Verwaltung einfacher und schneller. Aufgaben, die bisher auf Gemeinden, Bürger, Unternehmen und Finanzverwaltung verteilt waren, werden gebündelt.
  3. Bereitstellung einer vorausgefüllten Steuererklärung: Bei der vorausgefüllten Steuererklärung werden die dem aktuellen Veranlagungsjahr zuzuordnenden Daten, soweit sie der Finanzverwaltung bereits vorliegen, automatisch in den richtigen Feldern der Steuererklärung vorausgefüllt. Macht der Steuerpflichtige von dem Service-angebot Gebrauch, ruft er seine Erklärung im Internet ab und überprüft die ausgefüllten An-gaben. Nach ggf. erforderlicher Ergänzung und Korrektur wird die vervollständigte Erklärung wieder an das Finanzamt übermittelt. Für das Gros der Bürgerinnen und Bürger soll die weit-gehend papierlose Kommunikation mit ihrer Finanzbehörde bis 2013 möglich sein.
  4. Vereinfachung der Besteuerung von Rentnern: Soweit Rentner infolge des mit dem Alterseinkünftegesetz eingeleiteten Übergangs zur nachgelagerten Besteuerung von Altersbezügen bis zum Jahr 2040 aufgrund ihrer individuellen persönlichen Verhältnisse in eine Besteuerung hineinwachsen, wird das Besteuerungsverfahren vereinfacht. Dazu wird das seit 2005 bestehende Rentenbezugsmitteilungsverfahren schrittweise an die Erfordernisse einer vorausgefüllten Steuererklärung angepasst. Die vorausgefüllte Erklärung wird dabei in der Weise vorbereitet, dass der idealtypische „Nur-Rentner“, der lediglich Rente bezieht und darüber hinaus keine weiteren Einnahmen hat, diese nach Prüfung im Regelfall ohne Änderung an das zuständige Finanzamt übermitteln kann.
  5. Anwenderfreundliche und verständliche Gestaltung von Steuererklärungsvordrucken und Erläuterungen: Steuererklärungsvordrucke stellen eine wichtige Schnittstelle bei der Kommunikation zwischen den Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung dar. In den Vordrucken werden alle für die korrekte Steuerfestsetzung notwendigen Informationen abgefragt. Eine möglichst für jedermann verständliche Abfrage steht häufig im Konflikt mit der umfassenden Regelung komplexer Lebenssachverhalte. Die Vereinfachungsmöglichkeiten hängen daher wesentlich vom Erfolg der Vereinfachungsbemühungen in den einzelnen Steuernormen ab. Hier kommen wir künftig voran. So werden zum Beispiel durch die geplanten gesetzlichen Neuregelungen bei der steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten die aufwändige Unterscheidung zwischen den gesetzlichen Kriterien der „Erwerbstätigkeit“ oder „Krankheit und Behinderung“ entfallen. Damit verschwindet eine ganze Seite des Vordrucks „Anlage Kind“. Und in allen Fällen der gesonderten und einheitlichen Feststellung kann darüber hinaus auf das zweiseitige Abfrageformular für Kinderbetreuungskosten vollständig verzichtet werden.
  6. Entbürokratisierung und Flexibilisierung der steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge: Für die Anbieter von geförderten Altersvorsorgeprodukten bestehen laufende steuerliche In-formations- und Mitteilungspflichten gegenüber dem Anleger und der Finanzverwaltung. An einer Zusammenführung und Bündelung dieser Pflichten wird gearbeitet. Zusätzlich wird auf Verwaltungsebene geprüft, wie die bestehenden Förderverfahren weitergehend automatisiert und für den Anleger einfacher gestaltet werden können und in welchem Umfang die Finanzverwaltung die Anbieter bei der Erledigung der ihnen obliegenden Pflichten unterstützen kann.
  7. Zeitnahe Betriebsprüfung: Die Betriebsprüfung bedeutet häufig die steuerliche Bewältigung weit zurückliegender Jahre. Lange Zeiträume zwischen der Entstehung der Steuer und der Betriebsprüfung sind dabei sowohl auf Seiten der Unternehmen als auch auf Seiten der öffentlichen Haushalte grundsätzlich nachteilig. Die Unternehmen stehen zeitnahen Prüfungen aufgeschlossen und kooperativ gegenüber, da sie sich davon insbesondere zügige Rechts- und Planungssicherheit, die Vermeidung antizyklischer Steuerbelastungen und von Zinsen auf Steuernachzahlungen versprechen. Die Finanzverwaltung erwartet von einer Nutzung dieses Instruments insbesondere eine bessere Zusammenarbeit, erleichterte Sachverhaltsaufklärungen und zeitnahe endgültige Steuerveranlagungen. Ziel der Bundesregierung ist daher, dass Betriebsprüfungen künftig grundsätzlich gegenwartsnäher durchgeführt werden. In der Betriebsprüfungsordnung soll das Institut der „zeitnahen Betriebsprüfung“ erstmals für Unternehmen und Steuerverwaltung definiert und ein bundeseinheitlicher Standard formuliert werden. Den Finanzämtern vor Ort werden somit hinreichende Möglichkeiten eingeräumt, gemeinsam mit den ausgewählten Unternehmen individuelle und pragmatische Lösungen zu erarbeiten, die zu einer größeren Gegenwartsnähe der Prüfungen führen.
  8. Erleichterung der Nachweispflichten der Unternehmer für steuerfreie innergemein-schaftliche Lieferungen: Die derzeit bestehenden unterschiedlichen Nachweisregelungen für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen sollen verschlankt und die Nachweispflichten erleichtert werden. Berechtigten Anliegen der Wirtschaft hat das BMF durch Neufassung der Verwaltungsanweisungen bereits Rechnung getragen. Zudem ist vorgesehen, entsprechende Neuregelungen im Verordnungswege zu erlassen. Im Zusammenwirken mit Wirtschaftsverbänden und Ländern arbeitet das BMF an einer für alle Beteiligten handhabbaren Regelung. Angestrebt wird, den dafür notwendigen Abstimmungsprozess bis Mitte 2011 abzuschließen und die entsprechende Verordnung ab 1.1.2012 in Kraft zu setzen.

Zugleich hat sich der Koalitionsausschuss über die folgenden Punkte verständigt:
Vorhaben KONSENS


Der Ausschuss betont die Bedeutung des laufenden Prozesses, schrittweise für möglichst alle Phasen im Besteuerungsprozess IT-basierte Verfahren im Rahmen des Vorhabens KONSENS (Koordinierte neue Softwareentwicklung der Steuerverwaltung) zu entwickeln und anzubieten. Dazu gehört insbesondere, Alternativen zu den bislang papiergestützten Kommunikationswegen für Steuererklärungen und den damit einzureichenden Belegen zu entwickeln und anzubieten. Die Bundesregierung wird gebeten, das Vorhaben KONSENS im gemeinsamen Prozess mit den Ländern noch stärker voranzutreiben und wichtige Bausteine wie die Kernverfahren Grundinformationsdienst und Festsetzung möglichst 2013 zu implementieren.

Harmonisierung steuerrechtlicher und sozialrechtlicher Vorschriften:
Eine Harmonisierung von steuerrechtlichen und sozialrechtlichen Vorschriften wird angestrebt, soweit dies mit dem Regelungszweck des jeweiligen Rechtsgebietes vereinbar ist. Hierzu bedarf es zunächst einer umfassenden Bestandsaufnahme sowohl im Hinblick auf das Verfahrensrecht als auch im Hinblick auf das materielle Recht. Um hier eine Grundlage für die weiteren Beratungen zu erhalten wird die Bundesregierung gebeten, einen Sachstandsbericht zum Status quo vorzulegen.

Steuerliches Reisenkostenrecht:
Das steuerliche Reisenkostenrecht soll vereinfacht werden. Auf Grund der komplexen Wirkungszusammenhänge und der daraus resultierenden vielschichtigen Folgewirkungen, die mit Veränderungen im Bereich der Reisekosten verbunden sind, wird das Bundesfinanzministerium gebeten, auf Fachebene Vereinfachungsansätze als Grundlage für die weiteren Beratungen vorzulegen.

Unternehmensteuerrecht:
Mittelfristig sind auch weitere Maßnahmen zur Vereinfachung des Unternehmensteuerrechts erforderlich. Die Unternehmensbesteuerung muss an die internationalen Entwicklungen und Herausforderungen angepasst und modernisiert werden. Der Koalitionsvertrag sieht daher - unter Wahrung der Aufkommensneutralität - Ansatzpunkte für eine Prüfung insbesondere im Hinblick auf die Neustrukturierung der Regelungen zur Verlustverrechnung und die Einführung eines modernen Gruppenbesteuerungssystems vor. Das Bundesministerium der Finanzen wird bis September 2011 zu diesem Themenkomplex Vorschläge vorlegen

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