Die schrecklichen Ereignisse in Japan, das Erdbeben wie auch der folgende Tsunami, haben zu erheblichen nuklearen Folgen vor Ort geführt. Noch immer ist nicht das gesamte Ausmaß der Katastrophe absehbar. Dies bedeutet für eine verantwortungsvolle deutsche Politik auch das Innehalten und Auf-den-Prüfstand-Stellen der eigenen Kernenergie-Politik. Denn die Sicherheit der Kernkraftwerke in Deutschland und damit der Schutz der Menschen hatten und haben für uns immer höchste Priorität.

Auch wenn wir zum einen die Sicherheitsstandards im Zusammenhang mit der im letzten Jahr beschlossenen Laufzeitverlängerung noch einmal erhöht haben (!) und zum anderen vergleichbare Naturkatastrophen wie in Japan in Deutschland kaum denkbar sind, wohl aber terroristische Angriffe und ähnliche Szenarien, werden die deutschen Kernkraftwerke in Folge der jüngsten Ereignisse einer vorbehaltslosen Risikoanalyse unterzogen:

  • Die Bundesregierung hat dazu am 15.03. beschlossen, die Laufzeitverlängerung für drei Monate auszusetzen (Moratorium). Folglich ist damit auch die Ausschaltung der AKWs, die vor 1980 gebaut wurden, veranlasst worden. Dies sind Biblis A und B, Neckarwestheim I, Brunsbüttel, Isar I, Unterweser, Philippsburg. Zudem bleibt auch das KKW Krümmel vom Netz getrennt.
  • In diesem Zeitraum soll eine umfassende Sicherheitsüberprüfung der deutschen AKWs wie auch eine Energiediskussion stattfinden.
I.
Im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung aller deutschen Kernkraftwerke wird sich die Reaktorsicherheitskommission um die technischen Aspekte kümmern, d.h. z.B.
  • um die Folgen kumulativer, also nebeneinander stattfindender Ereignisse
  • um die Begrenzung der Auslegung der AKWs
  • um mögliche zivilisatorische Ereignisse, so z.B. Hackerangriffe auf die Rechenanlagen, in ihrer Auswirkung auf die Reaktorsicherheit
  • um die Fragen der Entsorgung radioaktiver Abfälle
Die Kommission soll bis zum 15. Mai einen ersten vorläufigen Bericht erstellen. Der sicherheitstechnische Befund soll Anfang Juni in die Erörterung geführt werden, und zwar in weiteren Beratungen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

II.
Um dem gesellschaftlichen Konsens zur Bewertung und Einordnung von Risiken Rechnung zu tragen, hat Angela Merkel zudem eine Ethikkommission für sichere Energieversorgung eingesetzt. Dieser gehören Persönlichkeiten aus dem kirchlichen Bereich, der Risikoforschung, dem Gebiet der nachhaltigen Entwicklung, der Umweltpolitik, der Philosophie an. Die Leitung haben Prof. Dr. Klaus Töpfer (Gründungsdirektor des Instituts für Klimawandel, Erdsystem und Nachhaltigkeit in Potsdam) und Prof. Dr. Matthias Kleiner (Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft). Klaus Töpfer ist weltweit für seine Vorreiterrolle in der deutschen und internationalen Umweltpolitik anerkannt.

Die Arbeit dieser Kommission richtet sich auf die gesellschaftliche Betrachtungsweise des Umgangs mit Risiken bei bestimmten Konstellationen und den schnellen Übergang in das Zeitalter der erneuerbaren Energien. So kümmert sie sich beispielsweise um die Frage, wie Versorgungssicherheit bei einem schnelleren Ausstieg aus der Kernenergie hergestellt und dabei vermieden werden kann, dass durch den Import von Kernenergie aus anderen Staaten neue, vielleicht höher zu bewertende Risiken eingegangen werden.
Die Kommission ist am 4. April zum ersten Mal zusammengekommen. Im besonderen geht es darum, das Restrisiko zu bewerten.

III.
Bei der Ausjustierung unserer Energiepolitik sind auch die beiden Koalitionsfraktionen mit einer eigenen Arbeitsgruppe unter Führung der Fraktionsvorsitzenden eng einbezogen. So werden die Fraktionen die Arbeiten in der Reaktorsicherheitskommission, der Ethikkommission und der Bundesregierung begleiten und nach Bewertung die ggf. notwendigen gesetzgeberischen Schritte umsetzen.

IV.

In den nächsten Monaten wird auch geprüft, inwieweit Elemente der regenerativen Energien bei den ohnehin sehr ambitionierten Zielen der Bundesregierung jetzt noch stärker nach vorne zu bringen sind. Hier ist z.B. an eine Intensivierung der bereits begonnenen Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung zu denken. Die Bundesregierung hat daher mit allen Ministerpräsidenten Mitte April über einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energie und der Stromnetze sowie Energieeffizienz diskutieren.

In diesem Zusammenhang noch einmal zur Erinnerung die wichtigsten Ziele des im Herbst 2010 verabschiedeten Energiekonzeptes der schwarz-gelben Koalition:
  • Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung wird bis 2020 auf 35 % und bis 2050 auf 80 % steigen.
  • Die Sanierungsquote im Gebäudebestand wird von 1 % pro Jahr auf 2 % pro Jahr verdoppelt werden.
  • Der Primärenergieverbrauch soll bis 2050 halbiert werden.
  • Bis 2020 sollen die Treibhausgase um 40 % und bis 2050 um 80 bis 95 % gemindert werden.
Dieses Konzept ist einzigartig in der Welt. Zur Zeit haben die erneuerbaren Energien einen Anteil von 16,3% an der Stromversorgung in Deutschland. Es arbeiten 370.000 Beschäftigte in der Branche. In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist aber auch darauf hingewiesen worden, dass die etwaige Durchleitung von Offshore-Strom langjährige Genehmigungsverfahren erfordert (ca. 10 Jahre). Hier gilt es zu diskutieren, ob Verkürzungen dieser Verfahren denkbar sind.

V.

Auch im europäischen und im G20-Bereich werden die Sicherheitsstandards nochmal gezielt ins Auge gefasst. In Europa sind zur Zeit 4 AKWs im Bau und 24 in der Planung bzw. gewollt. Zahlreiche Kernkraftwerke mit deutlich geringerer Sicherheit befinden sich an den deutschen Grenzen (u.a. Fessenheim, Temelin, usw.).

Der EU-Gipfel in Brüssel hat sich nach den Ereignissen in Japan geeinigt, die 143 Atomkraftwerke in der Europäischen Union einheitlichen Tests – allerdings auf freiwilliger Basis - zu unterziehen. Die Kriterien dafür sollen von der EU-Kommission zusammen mit den Mitgliedstaaten entwickelt und die Bilanzen bis zum Jahresende veröffentlicht werden, so dass dann bei negativen Ergebnissen die entsprechenden Meiler nachgerüstet oder stillgelegt werden.

Für die Union ist klar - das haben wir mit dem Energiekonzept unter Beweis gestellt - , dass die Kernenergie in Deutschland eine Brückentechnologie ist, die wir schnellstmöglich vor allem durch Erneuerbare Energien ersetzen wollen. Und wir haben mit dem Energiekonzept der Koalition erstmals dargelegt, wie wir das Zeitalter der Erneuerbaren Energien und unsere Klimaschutzziele erreichen werden. Im Gegensatz zu Rot-Grün haben wir nicht nur ein Ausstiegsszenario, sondern einen Umstiegsfahrplan, der sicherstellt, dass Energie auch auf dem Weg ins Zeitalter der Erneuerbaren Energien sauber, sicher und bezahlbar bleibt.

Als besondere Zielsetzungen bleiben die Versorgungssicherheit, die Sicherheit der Anlagen, ein schnellerer Umstieg auf Regenerative Energien und insgesamt gesehen bezahlbare Energie. Zum letzten Punkt liegen bereits Gutachten vor, deren Aussagekraft zu hinterfragen ist.

In den nächsten Wochen müssen vor allem auf die folgenden drei Fragen befriedigende Antworten gefunden werden:
  1. Wie sieht ein Konzept aus, dass die oben genannten Punkte berücksichtigt?
  2. Welche Mehrkosten entstehen tatsächlich?
  3. Wer zahlt den vorzeitigen Ausstieg, eine noch schnellere Zuwendung zu Erneuerbaren Energien. Wer tritt für die Finanzierungslücke in Höhe von 30 Mrd. Euro ein, (Ausfall Brennelementesteuer und Gewinnabführung)?

Nach oben