Wir haben die Europawahl klar als stärkste Kraft gewonnen. Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament hat die Union nicht nur in Deutschland die Nase weit vorne. Auch europaweit liegen wir mit unserer Parteienfamilie, der Europäischen Volkspartei, an der Spitze. Damit ist klar, dass unser Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker neuer Präsident der Europäischen Kommission werden soll. In dem komplizierten Verfahren zwischen Europäischem Rat und Euro¬päischem Parlament sind jetzt hohe Diplomatie und nicht lauter Krawall notwendig. Wir wissen um die schwere Aufgabe unserer Bundeskanzlerin, Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsidenten und einen deutschen EU-Kommissar aus der CDU durchzusetzen.
Das Wahlergebnis bei der Europawahl in Deutschland zeigt auch, dass die übergroße Mehrheit der Deutschen die Erfolge der europäischen Einigung ganz bewusst nicht aufs Spiel setzen will. Dies liegt auch daran, dass es den Menschen in Deutschland so gut geht wie noch nie. Deutschland hat denn auch nicht extrem links oder extrem rechts, sondern Stabilität gewählt.
Internationale Lage
Aber auch außerhalb Deutschlands und der EU war der 25. Mai ein wichtiges Datum. In der Ukraine haben sich die Wähler in einer erfreulichen Eindeutigkeit für einen gemäßigten und besonnenen Kandidaten ausgesprochen. Präsident Poroschenko übernimmt sein Amt in einer schwierigen Zeit für sein Land. Obwohl die übergroße Mehrzahl der Ukrainer ein Auseinanderfallen des Staates ablehnt, treiben die Separatisten im Osten der Ukraine ihr zynisches Spiel weiter. Die schweren Kämpfe, die die regulären ukrainischen Streitkräfte um die Kontrolle der in ihre Gewalt gebrachten Regionen austragen, machen uns betroffen. Wir hoffen, dass es rasch zu Gesprächen und so zu einer friedlichen Auflösung der schwierigen Situation in diesem so wichtigen Nachbarstaat der EU kommt. Wir appellieren an Russland, dass es seiner Verantwortung für ein friedliches Zusammenleben in der Ukraine nachkommt.
Die Lage in der Ukraine war auch Thema beim europäischen Gipfel, über den wir diese Woche ebenso debattieren werden wie über den anstehenden G7-Gipfel. Dass die Außenpolitik generell unsere Agenda wieder mehr bestimmt als in den Jahren zuvor, lässt sich auch an unserer Tagesordnung ablesen. Deutschland steht zu seiner Verantwortung für Frieden und Freiheit weltweit und leistet einen wichtigen Beitrag zu Stabilisierung und Friedenssicherung. Nicht weniger als drei Bundeswehr-Mandate verhandeln wir in dieser Woche. In den intensiven Beratungen wird deutlich, welche Bedeutung wir jedem einzelnen Einsatz beimessen.
Allgemeiner Mindestlohn – Stärkung der Tarifautonomie
Die Union hat großes Vertrauen in die Tarifvertragsparteien und die Tarifautonomie ist für uns ein hohes Gut. In keinem Land der Welt ist so eine partnerschaftliche Sozialkultur entstanden wie bei uns. Das ist das Ergebnis der hohen Verantwortungsbereitschaft der Tarifpartner. Auch künftig soll die Sorge für angemessene Löhne bei ihnen liegen. Funktionierende Tarifautonomie braucht starke Arbeitgeberverbände und starke Gewerkschaften, die für ihre Mitglieder verbindliche Abmachungen treffen können.
Und für den Notfall muss es auch eine Allgemeinverbindlicherklärung der Tarifverträge geben, um auf soziale Verwerfungen durch ausländische Arbeitnehmer, die nach den Bedingungen ihrer Heimatländer entlohnt werden, angemessen reagieren zu können. Künftig können grundsätzlich in allen Branchen unterste Tariflöhne durch die Aufnahme in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz sowohl für deutsche wie für ausländische Arbeitnehmer festgeschrieben werden, um Lohndumping wirksam zu verhindern.
Für die Mehrheit der in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer gelten Tarifverträge. Aber wir sehen auch, dass die Tarifbindung stark abgenommen hat. Um soziale Verwerfungen in den Branchen zu verhindern, in denen keine Tarifverträge gelten oder Tarifverträge nur geringe Wirkungskraft entfalten, erhalten die Tarifvertragsparteien künftig neben den Möglichkeiten, die das Arbeitnehmer-Entsendegesetz bietet, auch die Möglichkeit, in einer Mindestlohnkommission über die Anpassung des allgemeinen Mindestlohns zu beschließen, der zum 1. Januar 2015 in Höhe von 8,50 Euro je Stunde eingeführt wird. Damit setzen wir eine weitere Zusage aus dem Koalitionsvertrag um.
Wir werden alles daran setzen, dass der Mindestlohn keine Beschäftigung gefährdet. Um unerwünschte Wirkungen des Mindestlohns auf die Beschäftigungslage verhindern zu können, haben wir unsere Vorstellungen bereits eingebracht, etwa durch die Ausnahmeregelung für Langzeitarbeitslose. Es sind aber noch eine Reihe von Veränderungen durchzusetzen. Darüber verhandeln wir jetzt mit der SPD.
Die Woche im Parlament
Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel zu den Ergebnissen des Informellen Abendessens der Staats- und Regie¬rungschefs der EU-Mitgliedstaaten am 27. Mai 2014 in Brüssel sowie zum G7-Gipfel am 4./5. Juni 2014 in Brüssel. Unsere Bundeskanzlerin erläutert die Ergebnisse der Abstimmung mit unseren Partnern in der EU. Vor dem Hintergrund der Probleme in der Ukraine wird deutlich: Europa ist eine Werte- und Schicksalsgemeinschaft. Deutschland profitiert von dem gemeinsamen Auftreten der Europäer – auch als bevölkerungsreichster Staat Europas ist unser Land angesichts der Globalisierung allein nicht stark genug. Der Europäische Rat hat sich mit den Herausforderungen befasst, die diese Globalisierung für Europa bedeutet und betont, dass der Ausbau der Wirtschafts- und Währungsunion eine Grundlage für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeit für die Menschen in Europa ist. Auch in der Energiepolitik muss unser Kontinent gemeinsam handeln. Und mit Blick auf den 70. Jahrestag der Landung der alliierten Truppen in der Normandie wird auch noch einmal deutlich, was wir in den zurückliegenden Jahrzehnten dank eines friedlichen und wirtschaftlich erfolgreichen geeinten Europas erreicht haben: Mit neun Nachbarstaaten, in der Mitte des Kontinents gelegen, ist es das ureigenste Interesse Deutschlands, in guter Nachbarschaft zu einer friedlichen Lösung von Problemen zu kommen.
Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie (Tarifautonomiestärkungsgesetz) [Mindestlohn u.a.]. Der Gesetzesentwurf, den wir in erster Lesung beraten, besteht aus drei wesentlichen Teilen. Zum einen wird das Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) für alle Branchen geöffnet. Darüber hinaus erfolgt eine Reform und Erleichterung der Allgemeinverbindlich-Erklärung von Tarifverträgen im Tarifvertragsgesetz (TVG). Schließlich sieht der Gesetzentwurf die Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns (Mindestlohngesetz – MiLoG) vor, womit die Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohnes ab dem 1. Januar 2015 in der Höhe von 8,50 Euro brutto je Zeitstunde geregelt wird.
Gesetz zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer. Wir legen in erster Lesung einen Gesetzentwurf vor und setzen damit eine weitere Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag um. Der Gesetzentwurf regelt den Umgang mit Asylsuchenden und ihren Anträgen aus drei Balkanstaaten (Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Serbien, Bosnien und Herzegowina). Wie das Auswärtige Amt eindeutig feststellt, findet in diesen Staaten weder eine politische Verfolgung noch eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe statt. Ohne einzelne problematische Umstände wie die allgemein schwierige Lage für Sinti und Roma, die auf dem ganzen Balkan besteht, damit auszublenden, ist die Definition als sicherer Herkunftsstaat eine Erleichterung für die Beschleunigung von Asylverfahren und die Freisetzung von Bearbeitungskapazitäten für dringende Fälle. Fast ein Viertel aller Asylanträge in Deutschland gehen auf Bürger aus den genannten drei Staaten zurück, die offenkundig keine Asylgründe aufweisen können.
Zweites Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes. Der Gesetzentwurf, den wir in erster Lesung beraten, sieht im Wesentlichen den Wegfall der Optionspflicht für Personen vor, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind. Indikatoren für das Aufwachsen in Deutschland sind der Nachweis, dass mindestens acht Jahre vor dem Vollenden des 21. Lebensjahres in Deutschland verbracht wurden und der Nachweis, dass sechs Jahre eine Schule im Inland besucht wurde bzw. im Inland ein Schul- oder Ausbildungsabschluss erreicht wurde.
Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstruktur und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz - GKV-FQWG). Wir beschließen in zweiter und dritter Lesung Veränderungen bei der Finanzierung der Beiträge zur Gesetzlichen Krankenkasse. Das Gesetz legt hierfür unter anderem den paritätisch finanzierten Beitragssatz von derzeit 15,5% auf 14,6% fest. Dabei wird der Arbeitgeberanteil auf 7,3% festgeschrieben. Der bisherige pauschale kassenindividuelle Zusatzbeitrag wird umgewandelt in einen prozentualen Zusatzbeitrag vom beitragspflichtigen Einkommen. Ein vollständiger Einkommensausgleich wird über den Zusatzbeitrag angewendet, um unterschiedliche Einkommensstrukturen der Kassen nicht in Wettbewerbsverzerrungen münden zu lassen. Ebenfalls kommt es zu Änderungen des morbiditätsorientierten Risikoausgleichs im Bereich des Krankengeldes und der Auslandskrankenversicherten. Nicht zuletzt sieht das Gesetz die Gründung eines fachlich unabhängigen wissenschaftlichen Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen durch den gemeinsamen Bundesausschuss vor.
Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo auf der Grundlage der Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch-Technischen Abkommens zwischen der internationalen Sicherheitspräsenz (KFOR) und den Regierungen der Bundesrepublik Jugoslawien (jetzt: Republik Serbien) und der Republik Serbien vom 9. Juni 1999. Wir stimmen dem Antrag der Bundesregierung auf eine Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo (KFOR) in namentlicher Abstimmung zu. Der Einsatz hat zu einer zunehmenden Befriedung der Lage in der unruhigen Region geführt. Allerdings bleibt das Eskalationspotenzial insbesondere im kosovo-serbisch dominierten Norden des Kosovo hoch, so dass die Grundlage für die Beendigung des Einsatzes noch nicht gegeben ist. Allerdings wird die Möglichkeit gesehen, bei einem weiteren Fortschreiten der Normalisierung zwischen den beiden Parteien zu einer schrittweisen Reduzierung der momentan bei 1.850 Soldaten liegenden Personalobergrenze zu kommen.