Neues aus der Parlamentswoche

Die Bürger Großbritanniens haben sich in einem Referendum für den Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union ausgesprochen. Wir respektieren die Entscheidung des britischen Volkes, gleichwohl ist sie ein Einschnitt für den europäischen Einigungsprozess. Mit den bitteren Konsequenzen, die die Volksabstimmung für Großbritannien haben kann, lassen die Anführer der „Brexit“-Kampagne die junge Generation, die in überwiegender Mehrheit – aber leider mit zu geringer Wahlbeteiligung – für den Verbleib ihres Landes in Europa gestimmt hat, nun alleine. Ganz Europa kann sehen, was geschieht, wenn Populisten Erfolg haben, wenn diejenigen, die uns weismachen wollen, es gäbe für schwierige Aufgaben leichte Lösungen, zum Zuge kommen.

Es liegt jetzt zunächst einmal an Großbritannien selbst, zu erklären und festzulegen, wie es sein zukünftiges Verhältnis zur Europäischen Union gestalten möchte.
 
Für das weitere Verhältnis der Europäischen Union zu Großbritannien steht aber ebenso fest, dass es bis zur Stellung des Austrittsantrages keine informellen oder formellen Verhandlungen geben kann. Fakt ist auch: Zugang zum Binnenmarkt kann das Land nach seinem Austritt nur erhalten, wenn es sich seinerseits zu einem freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr verpflichtet. Im Übrigen wird Großbritannien ein wichtiger Partner für die Europäische Union und Deutschland bleiben, mit dem wir eng in der NATO, bei G7 aber auch bei G20 zusammenarbeiten werden.
 
Europäischer Rat und Nato-Gipfel.
Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel hat auf dem Europäischen Rat vom 28. bis 29. Juni die Weichen mit dafür gestellt, dass auch ein Europa der 27 die Herausforderungen des 21. Jahrhundert erfolgreich meistern kann. Und an einem erfolgreichen Europa müssen die Bürgerinnen und Bürger teilhaben und sich damit identifizieren können. Im Fokus der Anstrengungen stehen der Wohlstand und die Sicherheit der Menschen in Europa. Wir müssen uns deshalb gemeinsam einsetzen für eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und damit vor allem den Abbau der immer noch zu hohen Jugendarbeitslosigkeit. Genauso müssen wir uns der außen-, sicherheits- und entwicklungspolitischen Herausforderungen stellen, die die globalen Flüchtlingsbewegungen mit sich bringen und vor denen sich Europa nicht wird wegducken können. Wir als Europäische Union müssen uns um diese großen Fragen kümmern, auf die nur ein geeinter Kontinent angemessene Antworten geben kann. Viele andere Angelegenheiten können die Mitgliedstaaten gut und richtig selber lösen und regeln, im Sinne der Subsidiarität. Hierfür stehen CDU und CSU als Europaparteien seit jeher.
 
Gleichzeitig wissen wir, dass auch unsere unmittelbare Nachbarschaft unsicherer geworden ist. Wir müssen uns in der Europäischen Union mit den Folgen von Instabilität, Krisen und Kriegen in diesen Ländern auseinandersetzen und bereit sein, gemeinsam zu handeln. Mit diesen Problemen wird sich auch der anstehende NATO-Gipfel in Warschau beschäftigen, in dessen Mittelpunkt u.a. Russland, die Ukraine und unsere südliche Nachbarschaft aber auch Afghanistan stehen werden.
 
EEG-Reform beschlossen.
Aufgrund intensiver Zusammenarbeit in der großen Koalition sowie mit der EU-Kommission können wir nunmehr die Weichen für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien neu stellen. Wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, schaffen wir den Übergang vom bisherigen System der Festvergütungen zu Strommengenausschreibungen. Die Ausschreibungen beginnen 2017 und erfolgen aufgeteilt nach Windkraft auf See, Windkraft an Land, Photovoltaik und Biomasse. Die Ausschreibungsmengen sind so zu bemessen, dass der Ausbaukorridor von 40 bis 45 Prozent Anteil an erneuerbaren Energien im Jahr 2025 eingehalten wird.
 
In den parlamentarischen Beratungen haben wir den Regierungsentwurf in kurzer Zeit an zahlreichen Stellen sinnvoll weiterentwickelt. Insbesondere wird der Ausbau der Windenergie auf See besser mit dem Stromnetzausbau an Land verzahnt. Er wird in den Jahren 2021 bis 2025 reduziert, weil bis dahin die erforderlichen Stromtrassen noch nicht zur Verfügung stehen. Unter anderem wird auch die Härtefallregelung für energieintensive Unternehmen angepasst, die Ausschreibung für alle Biogasanlagen geöffnet und Windenergieanlagen an Land in sogenannten Netzausbaugebieten begrenzt. Über  Photovoltaik auf Ackerflächen entscheiden in Zukunft die jeweiligen Bundesländer.
 
Nein heißt Nein.
Wir verschärfen das Sexualstrafrecht, schließen Strafbarkeitslücken und setzen in der Gesellschaft ein klares Zeichen: Wenn jemand einen sexuellen Kontakt nicht will, ist das ohne Wenn und Aber zu akzeptieren. 
Zukünftig reicht die Vornahme sexueller Handlungen gegen den erkennbaren Willen des Opfers zur Strafbarkeit aus. Der Grundsatz „Nein heißt Nein“ verträgt keine Einschränkung und wird durch maßgeblich von der Unionsfraktion im parlamentarischen Verfahren voran getriebene Änderungen fest im Sexualstrafrecht verankert.
 
Mit den neuen strafrechtlichen Regelungen geben wir auch die richtigen Antworten auf die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln und an anderen Orten in unserem Lande, bei denen Frauen Opfer sexueller Übergriffe wurden. Zukünftig werden mittels eines neuen Straftatbestandes der sexuellen Belästigung auch das sogenannte Grabschen und solche Straftaten, die aus Gruppen heraus begangen werden, geahndet.
 
Die Woche im Parlament
 
Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin zum NATO-Gipfel am 8./9. Juli 2016 in Warschau. In ihrer Regierungserklärung am Donnerstag gibt die Bundeskanzlerin einen Ausblick auf den Ende dieser Woche stattfindenden NATO-Gipfel in Warschau, der in einer Zeit großer sicherheitspolitischer Herausforderungen stattfindet.
 
Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2016). Wir stellen in zweiter und dritter Lesung das Fördersystem für erneuerbare Energien schrittweise auf Ausschreibungen um. Durch die Einführung eines wettbewerblichen Systems integrieren wir die erneuerbaren Energien dabei besser in den Markt und senken die Kosten für deren Ausbau.
 
Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung. Mit diesem Gesetzentwurf, den wir in zweiter und dritter Lesung beschließen, sollen Schutzlücken im Strafrecht zur sexuellen Nötigung und Vergewaltigung geschlossen werden. Künftig reicht es aus, wenn der Täter sich über den erkennbaren Willen des Opfers hinwegsetzt. Ziel ist es, jede nicht einvernehmliche sexuelle Handlung unter Strafe zu stellen.
 
Gesetz zu der Mehrseitigen Vereinbarung vom 27. Januar 2016 zwischen den zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte. Wir erteilen der von der Bundesrepublik im Januar 2016 unterzeichneten Mehrseitigen Vereinbarung in erster Lesung die für die Ratifikation erforderliche Zustimmung des Gesetzgebers. Der länderübergreifende Informationsaustausch dient dem Ziel einer ordnungsgemäßen Ermittlung der Steuerpflicht und damit der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung sowie einem Schutz gegen Ungleichbehandlung und Doppelbesteuerung. Die teilnehmenden Staaten verpflichten sich dabei, regelmäßig relevante Informationen in Form länderbezogener Berichte grenzüberschreitend tätiger Unternehmen zu erheben und sie dem anderen Staat in einem automatisierten Verfahren zu übermitteln. Die Bundesrepublik Deutschland hat dazu erklärt, dass ein Datenaustausch nur erfolgt, wenn sich der andere Staat zur Einhaltung des Datenschutzes und der Vertraulichkeit verpflichtet.
 
Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes des GAK-Gesetzes. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, entwickeln wir die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und Küstenschutz“ (GAK) weiter. Mit der bisherigen Ausrichtung auf Maßnahmen, die allein land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zu Gute kommen, kann den Herausforderungen für die ländlichen Räume nicht mehr begegnet werden. Die Aufrechterhaltung leistungsfähiger ländlicher Gebiete und des dörflichen Lebens trägt ebenso zur Verbesserung der Agrarstruktur bei. Wir erweitern die bisherige Förderung daher um Möglichkeiten zur Unterstützung der Infrastruktur von ländlichen Regionen, die vom demographischen Wandel und geografischer Abgelegenheit besonders betroffen sind. So  stellen wir sicher, dass die Fördermöglichkeiten des europäischen Landwirtschaftsfonds für Ländliche Entwicklung (ELER) möglichst vollständig genutzt werden können. Wir beschließen die Verbesserungen in zweiter und dritter Lesung.
 
Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafbarkeit von Sportwettbetrug und der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben. In erster Lesung diskutieren wir, wie Manipulationsabsprachen, die im Zusammenhang mit einer Sportwette in allen Wettbewerben des organisierten Sports stehen, unter Strafe gestellt werden können. Es ist dabei unerheblich, ob dies im Profi- oder im Amateursport geschieht. Darüber hinaus erfasst der neue Straftatbestand der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben Manipulationsabsprachen auch ohne Bezug zu Sportwetten, wenn sich die Absprache auf hochklassige Wettbewerbe mit berufssportlichem Charakter bezieht und damit spürbare finanzielle Auswirkungen insbesondere für Sportler und Vereine haben kann.
 
Integrationsgesetz. In zweiter und dritter Lesung stellen wir klar, wie anerkannte Asylbewerber und Menschen mit guter Bleibeperspektive in der Integration gefördert und gefordert werden sollen. Wir wollen Flüchtlingen etwa den Zugang zu Integrationskursen und zum Arbeitsmarkt erleichtern. Förderangebote und Pflichten werden genau definiert und rechtliche Konsequenzen für fehlende Integrationsbemühungen eindeutig geregelt. Wer sich nicht an die Regeln hält, muss mit Leistungskürzungen rechnen, wer sich anstrengt, soll etwas davon haben. Zugleich sollen die Asylverfahren weiter beschleunigt werden. Mit der Regelung einer befristeten Wohnortzuweisung versetzen wir Länder und Kommunen in die Lage, die Konzentration von Schutzberechtigten in Ballungsräumen zu verhindern und positiv auf die Integration in der Fläche einwirken zu können. Sie tritt rückwirkend zum 1. Januar 2016 in Kraft.
 
Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechts. In erster Lesung legen wir unsere Vorstellungen zur Reform des Mutterschutzrechts dar. Neue gesundheitswissenschaftliche Erkenntnisse sowie gesellschaftliche Entwicklungen sollen dabei berücksichtigt werden. Leitender Gedanke der Neuregelung ist, eine verantwortungsvolle Abwägung zwischen dem Gesundheitsschutz für eine schwangere oder stillende Frau und ihrem (ungeborenen) Kind einerseits und der selbstbestimmten Entscheidung der Frau über ihre Erwerbstätigkeit und ihre Ausbildung andererseits sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund haben wir etwa flexibel nutzbare Regelungen für Schülerinnen und Studentinnen durchgesetzt und das Nacht- und Sonntagsarbeitsverbot zeitgemäß ausgestaltet.
 
Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an EUNAVFOR MED Operation SOPHIA. Wir stimmen einer Verlängerung der deutschen Beteiligung an der EU-Mission zur Bekämpfung krimineller Schleuseraktivitäten im südlichen und zentralen Mittelmeer zu. Dazu sollen auf hoher See Schiffe und an Bord befindliche Gegenstände, die von Schleusern oder Menschenhändlern benutzt werden, im Einklang mit dem anwendbaren Völkerrecht ausgemacht und beschlagnahmt werden. Die Schwächung der Terrormiliz IS durch eine Durchsetzung des Waffenembargos auf See und die Unterstützung der neuen libyschen Regierung durch Ausbildung einer Küstenwache sind darüber hinaus wichtige Beiträge für die Stabilisierung der Region. Ebenfalls umfasst die Mission die Seenotrettung, zu der die Bundeswehr einen wichtigen Beitrag leistet: Von Mai 2015 bis Ende Juni 2016 haben die Besatzungen der deutschen Marineeinheiten insgesamt 16.389 Menschen gerettet.
 
Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG). In zweiter und dritter Lesung setzen wir die Kostenreduzierungsrichtlinie der EU in nationales Recht um und treiben damit den Breitbandausbau voran. Wir erleichtern es Telekommunikationsnetzbetreibern, bislang ungenutzte öffentliche Versorgungsnetze, etwa für Gas, Elektrizität oder Fernwärme, für den Breitbandausbau zu nutzen. Bei Neubaumaßnahmen oder Renovierungen bestehender Gebäude sollen Leerrohre, die für eine Belegung mit Glasfasern geeignet sind, mitverlegt werden.  Dadurch minimieren wir den Aufwand für die Verlegung neuer Leitungen und senken so die Ausbaukosten. Eine zentrale Informationsstelle bei der Bundesnetzagentur soll dabei die Transparenz über mitnutzbare bestehende und geplante Infrastrukturen öffentlicher Versorgungsnetze erhöhen.

Nach oben