Die 18. Legislaturperiode hat ihre Halbzeit erreicht. Für die Lebensthemen Ernährung, Landwirtschaft und ländliche Räume konnten wir in dieser Zeit wichtige Akzente setzen: Für eine zukunftsfähige Landwirtschaft, für einen verlässlichen gesundheitlichen Verbraucherschutz und eine ausgewogene Ernährung sowie für vitale und attraktive ländliche Regionen. Unsere landwirtschaftlichen Betriebe sehen sich aktuell einer finanziell angespannten Situation gegenüber. In Folge von veränderter Marktsituation und der Trockenheit im Sommer hat sich die Lage in den letzten Monaten spürbar angespannt. Das bereits länger anhaltende niedrige Preisniveau insbesondere auf den Märkten für tierische Produkte hat teilweise zu schweren Liquiditätsproblemen der tierhaltenden Betriebe geführt. Die EU hat deshalb den Mit-gliedstaaten im Oktober 2015 insgesamt 420 Millionen Euro für Sondermaßnahmen zur gezielten Unterstützung der Milch und Fleisch erzeugenden Betriebe bereitgestellt. Für Deutschland ist mit rd. 69,2 Millionen Euro der größte Anteil vorgesehen. Ich habe mich entschlossen, diese Mittel für ein Liquiditätshilfeprogramm einzusetzen, mit dem die betroffenen Landwirte schnell und wirkungsvoll bei der Überbrückung von Liquiditätsengpässen unter-stützt werden.

Mein Liquiditätshilfeprogramm steht auf zwei Säulen:
  1. Die erste Säule umfasst die Bewilligung eines Darlehens zur Liquiditätssicherung durch eine Hausbank. Das ist Geld, das direkt bei den Bauern ankommtt
  2. Die zweite Säule umfasst die Beantragung eines Zuschusses zum bewilligten Darlehen in Höhe von 10 Prozent, maximal 10.000 Euro. Anstatt die begrenzten Mittel nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen, erhalten nur Landwirte einen Zuschuss, die ihre Betroffenheit — in Form eines mindestens 19-prozentigen Rückgangs der Erzeugerpreise —nachweisen können.
Bis zum 18. Dezember 2015 können die betroffenen Landwirte den Zuschuss bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung beantragen. Die Auszahlung der Zuschüsse wird im Januar 2016 beginnen. Diese Hilfen werden wir mit nationalen Mitteln flankieren: Im Haushalt des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft sind für das Jahr 2016 zusätzliche 78 Millionen Euro, insgesamt 178 Millionen Euro, als Bundesmittel für die Landwirtschaftliche Unfallversicherung (LUV) eingestellt. Damit werden die Unfallversicherungsbeiträge der land- und forstwirtschaftlichen Unternehmer zusätzlich gesenkt. Mit der Aufstockung wird die Entlastung der Unfallversicherungsbeiträge durch Bundesmittel von rund 20 Prozent auf rund 36 Prozent steigen. In der beigefügten Modellrechnung wird beispielhaft gezeigt, wie sich das für den einzelnen Betrieb auswirken kann.
So verschaffen wir den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben Luft, um Strukturen anzupassen und neue Absatzmärkte zu erschließen.

Tierwohl
Eine zukunftsfähige Landwirtschaft muss beweglich bleiben und sich an die gesellschaftlichen Erwartungen anpassen. Dabei unterstütze ich sie. Vor gut einem Jahr habe ich die Initiative „Eine Frage der Haltung - neue Wege für mehr Tierwohl" auf den Weg gebracht. Ziel der Initiative ist es, mehr Tierwohl zum Qualitätsmerkmal unserer Erzeugnisse machen. Den Tieren muss es in der Zukunft besser gehen als heute. Dafür brauchen wir tragfähige Lösungen für die Praxis. Die Initiative zeigt Erfolge. So habe ich mit der Geflügelbranche eine Vereinbarung zum Verzicht auf das Schnabelkupieren abgeschlossen. Mit der Wirtschaft bin ich im Gespräch über weitere Vereinbarungen, z.B. über einen Ausstieg aus dem Schwänzekupieren beim Schwein und über Maßnahmen gegen das nicht-schmerzfreie Enthomen von Kälbern.
 
Auch in der Forschung ist ein großer Durchbruch gelungen. Wir haben ein innovatives Verfahren zur frühzeitigen Geschlechtsbestimmung im Ei gefördert. Nun sind wir mit Recht optimistisch, dass dieses Verfahren bis 2017 Einzug in die Brütereien halten und das Töten von männlichen Küken beenden wird. Denn dann greift das Verbot des Tierschutzgesetzes unmittelbar: Es wird keinen vernünftigen Grund mehr für die Tötung der Küken geben, wenn eine praxistaugliche Alternative zur Verfügung steht.
 
Zudem strebe ich ein gesetzliches Pelztierhaltungsverbot und ein Abgabeverbot für hochträchtige Tiere ab dem letzten Drittel der Trächtigkeit zum Zweck der Schlachtung an. Ich habe daher von meinem Haus eine Formulierungshilfe erarbeiten lassen, die ich den Regierungsfraktionen zur Verfügung stellen werde.
 
Einbeziehung der betroffenen Akteure, Forschung und Verbesserung des Vollzugs bestehender Gesetze und maßvolles Nachsteuern, wo gesetzliche Lösungen erforderlich sind, so will ich die deutsche Landwirtschaft zum Trendsetter beim Tierwohl zu machen. Diesen Trend stoßen wir an, erfolgreich werden wir aber nur sein, wenn wir mit der Europäischen Gemeinschaft als Ganze voranschreiten. Gemeinsam mit Dänemark, den Niederlanden und Schweden werde ich die Kommission hier in die Pflicht nehmen.

Gesundheitlicher Verbraucherschutz und Ernährung
Beim gesundheitlichen Verbraucherschutz haben wir zum Ende des Jahres einen echten Mei-lenstein gesetzt. Am 16. Dezember haben wir im Kabinett den Entwurf des Tabakerzeugnisgesetzes beschlossen, mit dem wir die EU-Tabakproduktrichtlinie umsetzen. Der Entwurf ist ein umfangreiches Regelungswerk, das die Rechtslage völlig neu gestaltet und ausgewogen alle Interessen im Blick behält.
 
Deutschland ist einer der wenigen Standorte innerhalb der EU, an dem es noch große Produktionsanlagen für Zigaretten gibt. Zigaretten sind nach wie vor ein legales Produkt und deswegen muss es auch möglich bleiben, sie zu produzieren. Ein faktisches Produktions-Aus gibt es mit unserem Gesetzesentwurf nicht.
 
Im Zentrum steht aber gleichwohl der deutliche Fortschritt für einen besseren gesundheitlichen Verbraucherschutz, insbesondere für Kinder und Jugendliche.
Wir haben uns im Ressortkreis außerdem darauf geeinigt, in Erfüllung unserer völkerrechtlichen Verpflichtungen ein weiteres Änderungsgesetz vorzulegen, das wir nach Brüssel in die Notifizierung gegeben haben. Darin ist ein Verbot der Außenwerbung für Tabakerzeugnisse (ab 1. Juli 2020) sowie ein faktisches Kinowerbeverbot (Beschränkung der Werbung auf FSK 18) und ein Verbot der kostenlosen Abgabe von Tabakerzeugnissen an Verbraucherinnen und Verbraucher (teilweise mit Übergangsfrist von 4 Jahren) vorgesehen. Andere Werbemaßnahmen, die heute zulässig sind, bleiben davon unberührt.

Auf einen weiteren Punkt kommt es mir an: E-Shishas — mit und ohne Nikotin — sind auf unseren Schulhöfen mittlerweile gang und gäbe. Aber sie gehören nicht in Kinderhände! Deshalb habe ich das Problem gemeinsam mit meiner Kollegin Frau Schwesig aufgegriffen. Wir werden im Jugendschutzgesetz ein Abgabeverbot für nikotinhaltige und auch für nikotinfreie E-Zigaretten und E-Shishas für Kinder und Jugendliche vorsehen. Im nächsten Schritt werde ich nun dafür sorgen, dass nikotinfreie E-Zigaretten und E-Shishas in Sachen Werbung und Sicherheit wie nikotinhaltige E-Zigaretten behandelt werden und unter das Tabakerzeugnisgesetz fallen.
 
Auch bei der Ernährungsprävention stehen Kinder und Jugendliche im Fokus meiner Politik, denn Ernährungswissen ist Lebenswissen. Die vielfältigen Aktivitäten meines Hauses bündele ich in einer „Qualitätsoffensive Schulverpflegung" und in einer „Bildungsinitiative Ernährungswissen". Das reicht von einer Informationskampagne für Eltern, über die Unterstützung beim Angebot hochwertiger Schulverpflegung bis zur Bereitstellung eines Startersets „Ernährungswissen" für die Kinder. Die Aktivitäten werden durch das von mir neu errichtete „Nationale Qualitätszentrum für gesunde Ernährung in Schule und Kita" unterstützt. Es wird die zentrale Institution für Schulverpflegung. Über Ländergrenzen hinweg wird das Zentrum die wertvolle Arbeit der Schulvernetzungsstellen verknüpfen und unterstützen.
 
Attraktive und vitale ländliche Räume
Für die Zukunft unserer ländlichen Regionen müssen wir mehr investieren. 30 Millionen Euro stehen im Haushalt 2016 zusätzlich für die Förderung der ländlichen Räume zur Verfügung. Der Beschluss stärkt uns den Rücken für die Weiterentwicklung der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK). Damit will ich die ländliche Infrastruktur, Leistungen der Daseinsvorsorge und die regionalen Wirtschaftsstrukturen noch ge¬zielter fördern. Meinen Vorschlag für die Änderung des GAK-Gesetzes habe ich den Ressorts zur Abstimmung zugeleitet.
 
Auch die Flüchtlingssituation in den ländlichen Räumen beschäftigt mein Haus intensiv. Wir müssen die notwendigen Voraussetzungen schaffen, damit auch in den ländlichen Regionen etwa im Bereich der Infrastruktur, der Daseinsvorsorge, der Mobilität und der Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten Hilfe bei der Integration von Migranten in das örtliche Leben geleistet werden kann. Denn gerade das große Engagement der vielen, häufig ehrenamtlichen Helfer hat unsere Unterstützung verdient.
 
Im Bundesprogramm Ländliche Entwicklung (BULE) habe ich ein Modell- und Demonstrationsvorhaben „Soziale Dorfentwicklung" ausgelobt. Es sind mehr als 200 Interessenbekun¬dungen aus ganz Deutschland eingegangen. Ein Teil der Interessenbekundungen befasst sich mit Maßnahmen zur Integration. Dabei soll der soziale Zusammenhalt in Kleinstädten und Dörfern unterstützt werden.
Auch das Modellvorhaben Land(auf)schwung hat Ansatzpunkte zur nachhaltigen Integration von Migranten. So beziehen sich einzelne Vorhaben explizit auf den Faktor der Migration für die Regionalentwicklung. Ziel ist es, diese Projekte so fortzuentwickeln, dass sie als Modell für andere Kommunen dienen können.
 
Wir sind zudem im Dialog mit der Europäischen Kommission, um gemeinsam mit den Ländern zu prüfen, inwieweit finanzielle Mittel aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) auch für die Verbesserung der Situation von Flüchtlingen eingesetzt werden können.

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