Europa will wirtschaftspolitisch zusammenrücken

Mit einem dauerhaften Krisenmechanismus sichern die Europäer die Stabilität ihrer gemeinsamen Währung. Das haben die EU-Staats- und Regierungschefs am Freitag in Brüssel beschlossen. Die Bundesregierung zeigte sich zufrieden und begrüßte, dass die Euroländer ihre gesamte Wirtschaftspolitik künftig enger aufeinander abstimmen wollen: von der Innovationsförderung bis zur Sozialpolitik.

"Wert und Bedeutung der bewährten Gemeinschaftswährung standen in Brüssel außer Frage: Der Euro ist ein zentraler Bestandteil der europäischen Integration und wird es auch bleiben", stellte der Rat klar.
 
Wenn die Einzelheiten ausgearbeitet sind, wollen die Chefs den neuen Europäischen Stabilitätsmechanismus im März förmlich verabschieden.
 
Dieser sieht unter anderem vor, die Käufer von Staatsanleihen wirtschaftlich an der Rettung eines insolventen Euro-Staates zu beteiligen. Zum Beispiel mit einer Verlängerung der Laufzeiten oder Abschläge auf Zinsen oder den Nennwert der Anleihe: bei vorübergehenden Zahlungsproblemen auf freiwilliger Basis, im Insolvenzfall als eine Voraussetzung dafür dar, dass Hilfen fließen.
 
In Artikel 136 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union wird folgender Absatz angefügt: "Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren. Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen".
 
Bis Ende 2012 sollen die Mitgliedstaaten die dafür erforderliche enge Änderung am Vertrag von Lissabon ratifizieren. 2013 löst der ständige Mechanismus den bisherigen befristeten Eurorettungsschirm ab.
 
Für den Fall, dass der derzeitige Schirm erneut in Anspruch genommen wird, sicherten die Partner  ausreichende  finanzielle Unterstützung zu. "Wir werden alles tun, um die Finanzstabilität des Euro insgesamt zu sichern", unterstrich die Bundeskanzlerin.
 
Der Krisenmechanismus soll EU-Staaten in finanziellen Schwierigkeiten helfen, die Krise zu überwinden, ohne dass die anderen EU-Länder einspringen müssen. Das vertragliche Verbot, wonach die Union und ihre Mitgliedsländer nicht für die Schulden anderer Mitgliedsländer haften (Bail-out-Verbot), bleibt unverändert. Neu ist, dass auch private Gläubiger der Staaten wie Banken oder Fonds mit in die Haftung genommen werden. Damit tritt die EU auch der Spekulation gegen einzelne Staaten entgegen. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) wird in den Mechanismus eingebunden.
 
Schritt für Schritt zur gemeinsamen Wirtschaftspolitik
Be ider langfristig orientierten Krisenprävention der Europäer geht es jedoch längst um mehr als um stabile Haushalte von Finnland bis Griechenland. "Ebenso wichtig ist, dass wir auch eine gemeinsame Wirtschaftspolitik entwickeln", betonte die Bundeskanzlerin in Brüssel. Dies sei ein langer Prozess, aber nötig. "Wir brauchen ein höheres Maß an Gemeinsamkeiten unserer Systeme."

Bis zum Sommer wollen die 16 Euro-Partner nun klären, wie sie etwa ihre Steuerpolitik harmonisieren können. Den Nicht-Euroländern steht die Mitarbeit ebenso offen wie die Beteiligung am Stabilitätsmechanismus.

Wachstumspotenziale  besser nutzen
Die Gemeinschaft der 27 bekannte sich erneut zu dem Ziel,  gemeinsam gestärkt aus der  internationalen Wirtschaftskrise hervorzugehen. "Wir wollen die Finanzstabilität wahren und die Rückkehr zu nachhaltigem Wachstum  fördern", heißt es im Abschlusspapier des Gipfels mit Blick auf die milliardenschweren schuldenfinanzierten Konjunkturprogramme. Haushaltsdisziplin und wachstumsfördernde Reformen stehen dabei ganz oben.

Der Europäische Rat bekannte sich erneut zu dem Ziel, gemeinsam gestärkt aus der internationalen Wirtschaftskrise hervorzugehen. "Wir wollen die Finanzstabilität wahren und die Rückkehr zu nachhaltigem Wachstum fördern", heißt es im Abschlusspapier des Gipfels mit Blick auf die milliardenschweren schuldenfinanzierten Konjunkturprogramme . Haushaltsdisziplin und wachstumsfördernde Reformen stehen dabei ganz oben.
 
Lob für Kraftakte der Krisenländer
Begrüßt wurden die "beeindruckenden Fortschritte", die bei den ehrgeizigen Reform- und Anpassungsprogrammen in Griechenland und Irland bereits festzustellen seien. Veränderungsbedarf, der nicht allein die krisengeschüttelten Partner betrifft: "2011 wird für viele Mitgliedstaaten ein Jahr der Reformen sein", befand Merkel.

Ferner beschloss die Gemeinschaft, Montenegro den Status eines Bewerberlands zuzuerkennen. Die EU-Kommission hatte dem Balkanland deutliche Fortschritte bescheinigt und noch Defizite in den Bereichen Inneres und Justiz festgestellt. Die Beitrittsverhandlungen können im kommenden Jahr beginnen.


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