Maßnahmenprogramm der Bundesregierung zur Bewältigung der Krise in der Landwirtschaft

Die Aufrechterhaltung einer flächendeckenden Landbewirtschaftung sowie die Erhaltung gleichwertiger Lebensverhältnisse sind ein zentrales Ziel der Agrarpolitik der Bundesregierung. Eine flächendeckende Landwirtschaft sichert regionale Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und den ihr vor- und nachgelagerten Bereichen. Sie ist über die Pflege der Kulturlandschaft in ihrer vielfältigen naturräumlichen Ausstattung Basis für attraktive ländliche Räume und damit auch für eine touristische Entwicklung dieser Regionen.

Außerdem erhält eine nachhaltige flächendeckende Landbewirtschaftung die Ertragsfähigkeit und die Produktivität der landwirtschaftlich genutzten Flächen. Sie leistet damit auch ihren Anteil bei der Versorgung einer wachsenden Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln und Energie, weil die vorhandenen natürlichen Ressourcen nutzbar gehalten werden. Eine Aufgabe der landwirtschaftlichen Produktion würde auch andere Wirtschaftszweige (z. B. Tourismus) gefährden.

Für eine flächendeckende Landbewirtschaftung hat die Milchviehhaltung auf Grünland eine herausragende Bedeutung. Die Milcherzeugung befindet sich insbesondere in für unsere Kulturlandschaft typischen Regionen, wie unseren Urlaubsregionen in den Alpen, den Mittelgebirgen und an den Küsten. Grünlandflächen, die insbesondere für die Milcherzeugung genutzt werden, speichern erhebliche Mengen Kohlenstoff; ihre Erhaltung ist deshalb auch aktiver Klimaschutz. Darüber hinaus haben Grünlandflächen auch eine wichtige Funktion für die Erhaltung der Artenvielfalt.

Die Bundesregierung hat deshalb auf die Krise in der Landwirtschaft mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen reagiert, die in den kommenden zwei Jahren die landwirtschaftlichen Betriebe deutlich entlasten werden.

Zentrales Element dieses Maßnahmenbündels ist das in den Koalitionsvereinbarungen für die kommenden zwei Jahre vorgesehene Sonderprogramm für die Landwirtschaft mit Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen in Höhe von insgesamt 750 Mio. €, von denen insbesondere Milcherzeuger profitieren werden. In den drei Wochen seit der Regierungsbildung haben wir jetzt die Umsetzung konzipiert. In den kommenden Wochen stehen die Abstimmungen mit Ressorts, Ländern und Verbänden an.

Die Koalitionsvereinbarung sieht folgende Maßnahmen vor:

  • ein 500 Mio. € umfassendes Grünlandmilchprogramm
  • eine Aufstockung des Bundeszuschusses an die Landwirtschaftliche Unfallversicherung um insgesamt 200 Mio. € sowie
  • ein mit 50 Mio. € ausgestattetes Krisenliquiditätsprogramm.
Grünlandmilchprogramm

Das Grünlandmilchpaket wollen wir über ein dreistufiges Maßnahmenbündel umsetzen:
Wir werden zwei neue Beihilferegelungen für Milcherzeuger einführen:

  • Eine Grünlandprämie für Milcherzeugungsbetriebe mit Grünland für die Jahre 2010 und 2011. Die Prämienhöhe wird voraussichtlich bei ca. 37 €/ha Grünland liegen. Hierfür sind 2010 und 2011 jeweils 113 Mio. € vorgesehen (2 Mio. € EU-Mittel und 111 Mio. € Bundesmittel).
  • Eine Kuhprämie  in Höhe von ca. 20 € je Kuh für Milcherzeugungsbetriebe für die Jahre 2010 und 2011. Die Maßnahme wird als Deminimis-Beihilfe gewährt, so dass hier die Obergrenze für diese Beihilfen (7.500 € innerhalb von drei Jahren) Anwendung findet. Dafür sind 2010 85 Mio. € und 2011 75 Mio. € vorgesehen.
Die verbleibenden Mittel aus den 500 Mio. € des Grünlandmilchprogramms werden wir über den in der Koalitionsvereinbarung beschlossenen erhöhten Bundeszuschuss hinaus für eine zusätzliche Aufstockung der Bundesmittel in der LUV verwenden. Aufgrund einer Umstellung der Risikoklassen werden davon besonders viehhaltende Betriebe profitieren. Im Einzelnen:

Erhöhung des Bundeszuschusses zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung

Der Bundeszuschuss zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung wird in 2010 und 2011 über die bereits im Koalitionsvertrag vorgesehene Erhöhung von jeweils 100 Mio. € hinaus um weitere Mittel (nach derzeitigem Stand: rd. 100 Mio. € in 2010, rd. 14 Mio. € in 2011) aus dem Grünlandmilchprogramm aufgestockt. Durch die Erhöhung des Bundeszuschusses insgesamt können die Beiträge im Bundesdurchschnitt um rund 45 % gesenkt werden. Diese Entlastung wird sich in den landwirtschaftlichen Betrieben befristet auf die beiden kommenden Jahre in den Beitragsbescheiden der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften in Form von Gutschriften bemerkbar machen.

Krisenliquiditätsprogramm

Das neue für 2010 und 2011 mit insgesamt 50 Mio. € dotierte Programm soll sich inhaltlich und zeitlich möglichst nahtlos an das bereits im laufenden Jahr angebotene erfolgreiche Liquiditätshilfeprogramm des Bundes anschließen. Für die Zinsverbilligung von Liquiditätshilfedarlehen durch die landwirtschaftliche Rentenbank hatte die Bundesregierung bereits im Frühsommer 2009 25 Mio. € zur Verfügung gestellt. Nun wird eine Zinsverbilligung von Liquiditätshilfekrediten der Landwirtschaftlichen Rentenbank sowie die Gewährung von modifizierten Ausfallbürgschaften für diese Kredite vorgesehen.

Neben dem Sonderprogramm sind in dem Gesamtpaket folgende Elemente enthalten, die wir bereits in den vergangenen Monaten auf den Weg gebracht haben:

  • Vorziehen der Auszahlung der Betriebsprämie für 2009 auf den 1. Dezember
  • Entlastung beim Agrardiesel: Die Bundesregierung wird die bisher befristete Streichung des Selbstbehalts und der Obergrenze beim Agrardiesel dauerhaft fortführen. Darüber hinaus soll auf europäischer Ebene auf eine einheitliche Besteuerung des Agrardiesels hingewirkt werden.
  • EU-Milchfonds: Deutschland stehen aus dem EU-Milchfonds 150 Mio. € im Jahr 2010 ansteigend bis 2013 auf ca. 300 Mio. € je Jahr insbesondere für Investitionsbeihilfen im Milchsektor sowie für Grünland- und Weideprämien zur Verfügung.
  • EU-Milchprogramm: Deutschland stehen aus dem 300 Mio. € umfassenden EU-Sofortprogramm für Milcher-zeuger voraussichtlich 61 Mio. € zur Verfügung. Diese Mittel sollen als zusätzliche Grün-landprämie in Höhe von knapp 20 €/Hektar unbürokratisch ausgezahlt werden.
Fazit

Mit dem geschilderten Gesamtpaket hat die Bundesregierung die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten gebündelt und optimiert. Damit reagieren wir schnell und effektiv auf die gegenwärtigen Probleme der deutschen Landwirtschaft und insbesondere der Milcherzeuger. So geben wir den Betrieben Sicherheit für die kommenden Wirtschaftsjahre. Wir haben uns dabei bewusst für ein dreistufiges Konzept entschieden:

  • Verbesserungen und Hilfen für alle Betriebe (z.B. LUV, Agrardiesel, Liquiditätshilfen)
  • Zusätzliche Maßnahmen für die besonders vom Preisverfall betroffenen Milcherzeuger (Kuhprämie)
  • Spezielle Fördermaßnahmen für die Milcherzeugung auf Grünlandstandorten, da die Milcherzeugung dort oft ohne Alternativen ist und damit ein Beitrag zum Erhalt des Grün-landes in produktiver Nutzung sowie zur Aufrechterhaltung einer flächendeckenden Landwirtschaft geleistet wird.
Teile des Maßnahmenpakets führen bereits jetzt zu einer effektiven Entlastung. Ihre volle Wirkung werden die Maßnahmen in den Jahren 2010 und 2011 entfalten. Entscheidend ist, dass die Betroffenen bereits heute wissen, mit welcher Unterstützung sie in den nächsten zwei Jahren rechnen können. Die Hilfen leisten einen wichtigen Beitrag, um die aktuelle Krise zu überwinden, so dass die landwirtschaftlichen Familien in Deutschland wieder zuversichtlich in die Zukunft blicken können.

Wichtig ist aber auch, dass wir zweigleisig fahren:

Auf der einen Seite bringen wir die vorgestellten kurzfristigen Maßnahmen zur Sicherheit und Unterstützung in der aktuellen Krise auf den Weg.

Auf der anderen Seite sind die bereits von der Bundesregierung eingeleiteten Maßnahmen zur Strukturverbesserung zu nennen, die auf die mittelfristige Zukunft ausgerichtet sind. Hierzu zählen insbesondere

  • die zusätzlichen Mittel in der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes und im EU-Milchfonds, die u. a. zur Stärkung der Investitionsförderung in der Landwirtschaft wie auch für Verbesserungen im Bereich Verarbeitung und Vermarktung eingesetzt werden können, und
  • die durch das Bundeslandwirtschaftsministerium vorangetriebene Stärkung der Exportförderung.
Das eine ist so wichtig wie das andere. Wir brauchen sowohl die kurzfristigen Hilfsmaßnahmen als auch die mittel- und langfristigen Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit.

Mit dem Sonderprogramm für die Landwirtschaft setzen wir ein deutliches politisches Signal dafür, dass die Bundesregierung sich mit Nachdruck für die Interessen der Landwirtschaft und der ländlichen Räume einsetzt.

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