Das Ministerium für Schule und Weiterbildung teilt mit:
Mit der Billigung der „Qualitätsoffensive Hauptschule Nordrhein-Westfalen – Hauptschule hat Zukunft“ hat das Kabinett heute die Grundlage für eine deutliche Stärkung dieser Schulform in Nordrhein-Westfalen geschaffen. Das Rahmenkonzept zielt darauf ab, den Hauptschulen die Unterstützung zu geben, die sie benötigen, um ihre besonderen pädagogischen Herausforderungen zu bewältigen und Schülerinnen und Schüler besser individuell zu fördern. Es verbindet den weiterhin entschlossenen Ausbau des Ganztagsbetriebes mit einer stärker auf Praxisorientierung und Berufsvorbereitung ausgerichteten Überarbeitung des Bildungsgangs der Hauptschule.
„Unser Ziel ist eine umfassende Berufs- und Ausbildungsreife möglichst aller Hauptschüler“, erklärte Schulministerin Barbara Sommer nach der Kabinettsitzung in Düsseldorf. Kleine Klassen, praxisorientierte Pädagogik und Unterstützung für jeden einzelnen Schüler seien die besonderen Merkmale der Hauptschule. Die pädagogischen Rahmenbedingungen sollen zudem vorrangig durch den weiteren Ausbau der gebundenen Ganztagsangebote verbessert werden. Darüber hinaus bekennt sich die Landesregierung zu der Absicht, auch bei insgesamt rückläufigen Schülerzahlen ein möglichst flächendeckendes Angebot an Hauptschulen aufrecht zu erhalten. Kleine Hauptschulen sollen zudem zusätzliche Stellen erhalten, soweit dies zur Sicherung des schulfachlichen Differenzierungsbedarfs und für die Vergabe des mittleren Schulabschlusses notwendig ist.
Im Zentrum der Qualitätsoffensive steht eine Neustrukturierung des Bildungsgangs der Hauptschule. Dazu werden die Richtlinien und Lehrpläne grundlegend neu gestaltet. Durch neue Lernbereiche wie „Berufsorientierung“ und „Lebensplanung“ sollen die Lerninhalte stärker an den praktischen Fragen der Lebens- und Berufswelt ausgerichtet werden. Dazu gehört die Möglichkeit, fachübergreifend Fragestellungen aufzugreifen, die zum Beispiel pädagogische Gesichtspunkte, Fragen der sozialen Interaktion, der Gesundheitserziehung, des Arbeitsalltags – auch in Betrieben – oder ganz allgemein praktische Anforderungen an eine selbstständige Lebensführung betreffen.
Die Allgemeinbildung soll gestärkt werden und insbesondere die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler in der Unterrichtssprache Deutsch verbessert werden. Dafür sollen in einem ersten Schritt 100 Hauptschullehrkräfte speziell ausgebildet und auf Anforderung der Schulen zusätzlich eingesetzt werden können.
Für alle Schülerinnen und Schüler sollen individuelle Förderkonzepte erarbeitet werden, die sich sowohl auf fachliche Kompetenzen, als auch auf Persönlichkeitsentwicklung oder Sozial- und Methodenkompetenz beziehen. Zur Unterstützung der Erziehungsaufgaben der Hauptschule soll in Zusammenarbeit mit den Schulträgern erreicht werden, dass an jeder Hauptschule mindestens eine sozialpädagogische Fachkraft arbeitet. Derzeit sind rund 400 Sozialpädagogen und Sozialarbeiter an den Hauptschulen in Nordrhein-Westfalen beschäftigt. Hinzu kommen weitere Kräfte, die über die Jugendhilfe von den Kommunen gestellt werden.
Schon ab der siebten Klasse sollen die Jugendlichen Erfahrungen in Praktika erwerben können. Dabei wird eine enge Zusammenarbeit sowohl mit Trägern der Jugendhilfe, als auch mit den Kammern, dem Handwerk, den Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften angestrebt. Ziel der Zusammenarbeit ist es auch, jeder interessierten Hauptschule zumindest einen Paten- bzw. Partnerbetrieb an die Seite zu stellen.
Zur Umsetzung der verbesserten Berufsorientierung ist im Ausbildungskonsens NRW zudem ein Aktionsplan erarbeitet worden, der bereits ab der achten Klasse die Teilnahme von Jugendlichen an mehrtägigen Berufsorientierungsseminaren ermöglicht, die außerhalb der Schule unter Leitung externer Trainer stattfinden. Die Zusammenarbeit zwischen Hauptschulen und Berufskollegs soll gestärkt und unter anderem durch die Möglichkeit, Kooperationsklassen Hauptschule – Berufsvorbereitungsjahr (Klasse 10 bzw. 9/10) einzurichten, weiter ausgebaut werden.
„Während die Vorgängerregierung – abgesehen von Gesamtschulen – seit Anfang der 90er Jahr keine neuen Ganztagsschulen genehmigt hat, konzentrieren wir uns jetzt zunächst auf die Hauptschulen, um dort für bessere Rahmenbedingungen zu sorgen – im Interesse einer Schülerschaft, die oftmals unter besonders schwierigen Rahmenbedingungen lernt“, erklärte Sommer. Der hohe Anteil von Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte und die oftmals weniger guten sozialen Rahmenbedingungen in den Familien erforderten hier nicht nur im Interesse der Jugendlichen, sondern der gesamten Gesellschaft deutlich Schwerpunktsetzungen. „Wir werden den Ausbau der Ganztagsschulen so vorantreiben, dass vom kommenden Schuljahr an etwa jede zweite Hauptschule der über 700 Hauptschulen in Nordrhein-Westfalen eine gebundenen Ganztagsschule ist“, betonte Sommer. An bis zu 250 Hauptschulen soll zum kommenden Schuljahr ein erweiterter Ganztagsbetrieb mit einem 30prozentigen Lehrerstellenzuschlag möglich sein – 134 sind es bereits in diesem Schuljahr, 66 weitere wurden bereits vor Weihnachten genehmigt.
Zusammen mit den bereits zuvor existierenden Ganztagshauptschulen alter Prägung (20prozentiger Lehrerstellenzuschlag), wird dann rund jede zweite der 718 Hauptschulen eine gebundene Ganztagsschule sein. Viele andere bieten freiwillige Ganztagsangebote im Rahmen insbesondere des Programms „13plus“ an.