Unsere personalisierte Verhältniswahl in Deutschland ist ein exzellentes, aber auch kompliziertes Konstrukt.
Auf den Stimmzetteln der Wahlberechtigten sind zwei Kreuze zu setzen. Mit der Erststimme legen die Wähler fest, wer sie persönlich im Bundestag vertreten soll (Direktmandat). Entscheidend für das Kräfteverhältnis der Parteien im Bundestag ist die Zweitstimme. Mit dieser entscheidet der Wähler, welche Partei er unterstützt. Grundsätzlich wird die Hälfte der Bundestagsmandate über die Landeslisten vergeben und die andere Hälfte über die Direktmandate. Da Deutschland aktuell in 299 Wahlkreise aufgeteilt ist, liegt die gesetzliche Mitgliederzahl bei 598. In dieser Legislaturperiode ist unser Parlament jedoch auf 709 Sitze gewachsen. Die zusätzlichen 111 Sitze beruhen auf Überhang- und Ausgleichsmandaten. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei mehr Direktmandate durch die Erststimme gewinnt als ihr gemäß dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Damit am Ende das Verhältnis der Zweitstimmen passt, und das sogenannte „negative Stimmengewicht“ ausgeglichen wird, erhalten die anderen Parteien Ausgleichsmandate. Weitere Informationen finden Sie unter https://www.wahlrecht.de/bundestag/.

Seit längerer Zeit wird diskutiert, wie der Bundestag „verkleinert“ werden kann. FDP, Linke und Grüne fordern eine radikale Kürzung der Wahlkreise.

Auch ich halte eine Reform für notwendig, dennoch ist die Reduzierung der Wahlkreise ein heikler Ansatzpunkt für mich. Schon heute reicht mein Wahlkreis von Westbevern-Vadrup bis Liesborn-Göttingen, wo ich für den Weg 1,5 Autostunden benötige. Für mich hat der direkte Kontakt mit den Bürgern und Bürgerinnen oberste Priorität. Insbesondere im ländlichen Raum wird es für einen Bundestagsabgeordneten sehr schwierig, den Kontakt zu seinen Wählern bei noch größeren Wahlkreisen zu halten. Unser Koalitionsausschuss hat Ende August einen Kompromiss gefunden, mit dem wir ein weiteres Anwachsen des Deutschen Bundestages bei der nächsten Bundestagswahl verhindern können. Es wird eine Reform in drei Schritten geben. Bereits ab der Bundestagswahl 2021 werden Überhangmandate teilweise mit den Listenmandaten der gleichen Partei verrechnet, damit eine föderal ausgewogene Verteilung der Bundestagsmandate gewährleistet wird. Um die Größe des Deutschen Bundestages dauerhaft zu reduzieren, wird bis Ende September 2020 im Bundestag die Wahlrechtsreform zur Bundestagswahl 2025 verabschiedet, welche besagt, dass die Anzahl der Wahlkreise auf 280 reduziert wird. Zusätzlich werden wir noch in dieser Legislaturperiode eine Reformkommission einsetzen, die Vorschläge zu weiteren Fragen des Wahlrechts entwickeln wird. Ich bedauere, dass diese Lösung eine Vergrößerung der Kreise zur Folge hat, werde aber dennoch den Kompromiss mittragen.
 

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